Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: Kein Werbungskostenabzug für ausschließlich durch ein Insolvenzverfahren verursachte Aufwendungen

  1. Die Beurteilung, ob Aufwendungen durch eine einen Einkünftetatbestand verwirklichende Tätigkeit oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des Finanzgerichts.
  2. Die ausschließlich durch ein (Regel‑)Insolvenzverfahren verursachten Auf­wendungen sind der privaten Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen zuzu­ordnen und daher nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes abziehbar. Dies gilt nicht für solche Aufwendungen, die zwar ihre Ursache in einer durch den Insolvenzverwalter durchgeführten Verwertungsmaßnahme haben, aber auch angefallen wären, wenn der Steuer­pflichtige das Wirtschaftsgut außerhalb eines Insolvenzverfahrens veräußert hätte und in einem solchen Fall als Werbungskosten abziehbar wären.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 21, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 23 Abs. 3 Satz 1, § 33
FGO § 118 Abs. 2
InsO § 1 Satz 1

BFH-Urteil vom 13.8.2024, IX R 29/23 (veröffentlicht am 31.10.2024)

Vorinstanz: FG Hamburg vom 19.10.2023, 1 K 97/22 = SIS 24 02 88

I. Streitig ist, in welchem Umfang Aufwendungen eines (Regel‑)Insolvenzverfah­rens steuerlich berücksichtigt werden können.

Mit Beschluss vom xx.xx.2016 wurde über das Vermögen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) aufgrund von Fremdinsolvenzanträgen, unter an­derem des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑), das Insol­venzverfahren eröffnet. Die Insolvenzverwalterin verwertete im Streitjahr 2017 zwei in den Jahren 2009 und 2010 erworbene, vermietete Mehrfamilien­häuser. Diesbezüglich erklärte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von … € und … € (Summe: … €). Mit unter dem Vor­behalt der Nachprüfung ergangenem Einkommensteuerbescheid vom 26.09.2018 berücksichtigte das FA hiervon geringfügig abweichend einen Ge­winn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von … € sowie von … € (= … €). Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Am 18.09.2019 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid aus für dieses Ver­fahren unerheblichen Gründen. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Durch Beschluss vom xx.xx.2020 wurde das Insolvenzverfahren beendet. Ei­ner Restschuldbefreiung bedurfte es wegen der vollständigen Befriedigung der Gläubiger der Klägerin aufgrund der Verwertung deren Vermögens im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht.

 Mit Schreiben vom 07.07.2021 beantragte die Klägerin den Abzug von "Kos­ten des Insolvenzverfahrens" in Höhe von … € als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Aufwendungen:

Nr. Zweck der Aufwendung Kosten in €
1. Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens
2. Kosten der Insolvenzverwaltung
3. Haftpflichtversicherung des Insolvenzverwalters
4. Verwertungskosten
5. Nebenkosten Geldverkehr
6. Kosten Steuerberater … (pauschal 1/3)
7. Gerichtskosten Masseprozess
8. sonstige Gerichtskosten
9. Weitere Kosten der Insolvenzverwaltung
10. Rechtsberatungskosten bezüglich Insolvenzver­fahren und den Vorfälligkeitszinsen
11. Steuerberatungskosten
Summe:

Dies lehnte das FA mit Bescheid vom 27.10.2021 ab. Einspruch und Klage (Entscheidungen der Finanzgerichte 2024, 647) waren erfolglos.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑). Ein objektiver Veranlassungszusammen­hang zwischen der Veräußerung der Vermietungsobjekte und den Kosten des Insolvenzverfahrens bestehe, da die Insolvenzverwalterin infolge der Eröff­nung des Insolvenzverfahrens mit schuldrechtlicher und dinglicher Wirkung für sie ‑‑die Klägerin‑‑ als Schuldnerin gehandelt habe. Im Übrigen sei der Fremd­insolvenzantrag eines der Gläubiger jedenfalls durch die Vermietungstätigkeit verursacht gewesen, da der Antrag durch rückständige Beiträge für Angestellte des (Immobilien‑)Betriebs veranlasst gewesen sei. Zudem bestehe ein subjek­tiver Veranlassungszusammenhang. Im hier vorliegenden ‑‑atypischen‑‑ Fall eines Insolvenzverfahrens trotz ausreichend Schuldnervermögens stehe die gleichmäßige Befriedigung nicht im Vordergrund. Vielmehr sei die Insolvenz­verwalterin zivil- und insolvenzrechtlich treuhänderisch im Rahmen eines Ge­schäftsbesorgungsverhältnisses im Interesse der Klägerin als Schuldnerin tätig geworden, sodass die Handlungen der Insolvenzverwalterin ihrer einkünftebe­zogenen Sphäre zuzuordnen seien. Im Übrigen werde auch die Höhe der Ver­gütung der Insolvenzverwalterin wesentlich durch die Höhe des Verwertungs­erlöses der Vermietungsobjekte bestimmt. Die vorliegende Situation sei mit der einer Zwangsverwaltung vergleichbar, deren Kosten abzugsfähig seien.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil der Vorinstanz sowie den Bescheid vom 27.10.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.04.2022 aufzuheben und das FA zu verpflich­ten, die Einkommensteuer für 2017 unter Änderung des Bescheids vom 18.09.2019 dahingehend festzusetzen, dass Kosten des Insolvenzverfahrens in Höhe von … € abgezogen werden.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das FA verweist auf die Entscheidung der Vorinstanz. Zwar seien die Kosten des Insolvenzverfahrens objektiv durch die Veräußerung der Vermietungsob­jekte mitveranlasst gewesen. Da die Kosten jedoch dem Ziel des Insolvenzver­fahrens, der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger, gedient hätten, fehle es am konkreten Veranlassungszusammenhang zur Einkünfteerzielung.

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zu­rückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Zwar ist dem FG zuzustimmen, dass eine steuerliche Berücksichti­gung von Kosten des Insolvenzverfahrens als Werbungskosten bei den Ein­künften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne von § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG (dazu unter 1.) beziehungsweise bei den Einkünften aus Vermie­tung und Verpachtung im Sinne von § 21 EStG (dazu unter 2.) sowie als au­ßergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG (dazu unter 3.) grundsätzlich zu versagen ist. Dies gilt jedoch nur für solche Aufwendungen, die ausschließlich durch das Insolvenzverfahren veranlasst sind und keiner Einkunftsquelle zuge­ordnet werden können. Die hierzu erforderlichen Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben (dazu unter 4.).

1. Die von der Klägerin geltend gemachten, ausschließlich durch das Insol­venzverfahren veranlassten Aufwendungen können nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne von § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG berücksichtigt werden.

a) Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Dazu gehören gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Veräußerungs­geschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerli­chen Rechts über Grundstücke unterliegen (zum Beispiel Erbbaurecht, Mineral­gewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräu­ßerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

b) Dieser Tatbestand wurde durch die Verwertung der Vermietungsobjekte durch die Insolvenzverwalterin erfüllt. Dass die Veräußerungen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist erfolgten, bedarf keiner weiteren Erörterung. Zwar veräu­ßerte die Klägerin nicht selbst, da sie die Befugnis, ihr Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, gemäß § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) ver­loren hatte. Ihr sind jedoch die (willentlichen) Veräußerungen der Insolvenz­verwalterin für steuerliche Zwecke als eigene zuzurechnen. Denn ein Insol­venzverwalter handelt steuerlich nicht auf eigene Rechnung, sondern als Ver­mögensverwalter (§ 34 Abs. 3 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑). Als solcher hat er lediglich die in § 34 Abs. 1 AO aufgeführten steuerlichen Pflichten des Steuer­pflichtigen zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. Dem Schuldner ist die Insolvenzmasse bis zu ihrer Verteilung rechtlich zuzurechnen. Ihm sind des­halb auch die Erträge zugeflossen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG), die nach Eröff­nung des Insolvenzverfahrens an den Insolvenzverwalter zur Masse gezahlt werden (§ 35 Abs. 1 InsO). Handlungen des Insolvenzverwalters werden dem Schuldner grundsätzlich zugerechnet. Dies gilt jedenfalls, soweit sie sich ‑‑wie im Streitfall‑‑ im Rahmen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis halten und der Masse zurechenbar sind (vgl. Senatsurteil vom 02.04.2019 ‑ IX R 21/17, BFHE 264, 109, BStBl II 2019, 481, Rz 14; Bodden in Korn, § 2 EStG Rz 352, m.w.N.).

c) Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften im Sinne von § 23 Abs. 1 EStG ist der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den An­schaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Zwi­schen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen muss ein Ver­anlassungszusammenhang bestehen. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf die Einkünfte­erzielung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Einkünfteerzielung getätigt werden. Maßgeblich ist, ob bei wer­tender Beurteilung das auslösende Moment für das Entstehen der Aufwendun­gen der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 04.08.2016 ‑ VI R 47/13, BFHE 254, 435, BStBl II 2017, 276, Rz 12). Die Beurteilung, ob Aufwendungen durch eine einen Einkünftetatbestand verwirklichende Tätigkeit oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des FG. Diese ist für das Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO), wenn sie verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und nicht gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungssätze verletzt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 10.01.2024 ‑ VI R 16/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BStBl II 2024, 442, Rz 15; BFH-Urteile vom 18.10.2023 ‑ X R 7/20, BFHE 282, 388, BStBl II 2024, 288, Rz 15 sowie vom 28.06.2023 ‑ VI R 17/21, BFHE 280, 568, BStBl II 2024, 274, Rz 13, jeweils m.w.N.).

d) Hieran gemessen ist die Würdigung des FG, dass die im Streit stehenden Aufwendungen nicht durch die Veräußerung der beiden Vermietungsobjekte veranlasst gewesen seien, jedenfalls insoweit nicht zu beanstanden, als es sich um Kosten handelt, die in einem ausschließlichen Zusammenhang mit dem In­solvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin standen. Die Würdigung, je­ne Aufwendungen seien objektiv durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin verursacht gewesen und hätten subjektiv dem Interesse der Insolvenzgläubiger an gemeinschaftlicher Befriedigung ge­dient, unterliegt keinem Verfahrensfehler und verstößt weder gegen Denkge­setze noch Erfahrungssätze.

aa) Von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bereits entschieden, dass die Vergütung eines Insolvenztreuhänders im Verbraucherinsolvenzverfahren dem Privatbereich des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist und daher nicht als Werbungskosten abgezogen werden kann. Zur Begründung hat der BFH ange­führt, das Verbraucherinsolvenzverfahren betreffe die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen als Person und somit dessen private Lebensführung, in­dem es eine geordnete Befriedigung der Gläubiger für den Fall ermögliche, dass das Einkommen und Vermögen nicht zu deren vollständiger Befriedigung ausreicht (BFH-Urteil vom 04.08.2016 ‑ VI R 47/13, BFHE 254, 435, BStBl II 2017, 276, Rz 14). Dieser Rechtssatz gilt auch für ein Regelinsolvenzverfah­ren. Denn nach § 1 Satz 1 InsO dient das (Regel‑)Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder ‑‑was vom FG allerdings nicht festgestellt wurde‑‑ in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.

bb) Der Würdigung des FG steht nicht entgegen, dass es sich ‑‑wie die Kläge­rin meint‑‑ um einen "atypischen Fall" eines Insolvenzverfahrens gehandelt haben soll. Die Klägerin führt hierzu an, bereits bei Eröffnung des Verfahrens sei absehbar gewesen, dass sie über ausreichend Vermögen für eine vollstän­dige Befriedigung ihrer Gläubiger verfügt habe, sodass es keiner Restschuldbe­freiung bedurft habe. Ungeachtet des pauschalen und unbelegten Vortrags ei­nes "atypischen Falls" fehlt es bereits an der Feststellung eines solchen durch die Vorinstanz (§ 118 Abs. 2 FGO). Im Übrigen steht es der Versagung eines Veranlassungszusammenhangs zwischen den Aufwendungen für das Insol­venzverfahren und der Erzielung von Einkünften aus einem privaten Veräuße­rungsgeschäft durch die Verwertung der Vermietungsobjekte nicht entgegen, dass bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausreichend Vermögen zur voll­ständigen Befriedigung sämtlicher Gläubiger vorhanden war. Insbesondere wird die Insolvenzverwalterin ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ in einem sol­chen Fall auch nicht als Treuhänderin im Wege einer Geschäftsbesorgung tä­tig. Denn auch insoweit erfolgte die Verwertung der Vermietungsobjekte vor­dergründig mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) und nicht zum Zwecke der Erzielung von Einkünften für die Klägerin. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin wurde nach den nicht angegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen der Vor­instanz wegen Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 InsO eröffnet. Eine sol­che Unfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies ist der Fall, wenn dem Schuldner keine hinreichende Liquidität zur Begleichung seiner Ver­bindlichkeiten zur Verfügung steht (Karsten Schmidt/K. Schmidt/Herchen, InsO, 20. Aufl., § 17 Rz 14, m.w.N.). Verfügt der Schuldner zwar über ausrei­chend Vermögen, jedoch über zu wenig liquide Mittel zur vollständigen Befrie­digung aller Gläubiger, wird die Aufgabe des Insolvenzverwalters mithin regel­mäßig darin bestehen, ausreichend liquide Mittel zur gemeinschaftlichen Be­friedigung aller Gläubiger durch die Verwertung illiquiden Vermögens zu be­schaffen. So verhielt es sich im Streitfall.

cc) Anders als die Klägerin meint, besteht auch kein objektiver Veranlassungs­zusammenhang zwischen der Erzielung von Einkünften aus privaten Veräuße­rungsgeschäften durch die Verwertung der Vermietungsobjekte und den un­mittelbar durch das Insolvenzverfahren verursachten Aufwendungen. Zwar mag das Insolvenzverfahren ursächlich für die Verwertung der Vermietungsob­jekte im Sinne einer einfachen Kausalität geworden sein. Dies genügt jedoch nicht zur Annahme eines objektiven Veranlassungszusammenhangs. Denn die Aufwendungen des Insolvenzverfahrens sind nicht alleine durch einzelne Tä­tigkeiten des Insolvenzverwalters, sondern durch die Übernahme der Ge­schäftsführung für das gesamte Insolvenzverfahren veranlasst. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, entsteht der Vergütungsanspruch des Verwalters bereits mit der Übernahme der Geschäftsführung und entwickelt sich fort (Karsten Schmidt/Vuia, InsO, 20. Aufl., § 63 Rz 7, m.w.N.; vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO). Inwiefern das Vermögen insoweit illiquide ist oder durch Verwer­tungsmaßnahmen in liquide Mittel umgewandelt wurde, spielt dabei keine Rol­le. Denn der Wert des Regelsatzes für den Vergütungsanspruch des Insolvenz­verwalters richtet sich nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Been­digung des Insolvenzverfahrens (§ 63 Abs. 1 Satz 2 InsO). Ein Zuschlag zum Regelsatz nach § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO wegen der Verwertung des Vermögens des Insolvenzschuldners fällt nicht an (vgl. § 3 Abs. 1 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung i.V.m. § 65 InsO).

dd) Soweit die Klägerin vorbringt, der vorliegende Sachverhalt sei mit dem ei­ner Zwangsverwaltung, deren Aufwendungen als Werbungskosten berücksich­tigungsfähig seien, vergleichbar, steht dies der vom FG getroffenen Würdigung ebenfalls nicht entgegen.

(1) Entgegen dem pauschalen Vorbringen der Klägerin ist bereits nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass die durch die Zwangsverwaltung verursachten Auf­wendungen als Werbungskosten abziehbar sein sollten. Auch insoweit kommt es auf die jeweils tatrichterliche Würdigung an, inwiefern ein Veranlassungszu­sammenhang zwischen den Aufwendungen und der einen Einkünftetatbestand erfüllenden Tätigkeit besteht (dazu unter II.1.c). Soweit sich das Bundesminis­terium der Finanzen in seinem Schreiben vom 03.05.2017 (BStBl I 2017, 718, Rz 30) bezüglich der einkommensteuerlichen Pflichten eines Zwangsverwal­ters nach dem Senatsurteil vom 10.02.2015 ‑ IX R 23/14 (BFHE 249, 202, BStBl II 2017, 367) entsprechend äußert, ist eine solche Aussage der genann­ten Entscheidung nicht zu entnehmen. Vielmehr betraf jene Entscheidung le­diglich die Frage, inwieweit ein Zwangsverwalter auch die infolge der Zwangs­verwaltung angefallene Einkommensteuer zu entrichten habe. Gegen die An­nahme eines entsprechenden Veranlassungszusammenhangs spricht jeden­falls, dass die Tätigkeiten des Verwalters im Rahmen der Zwangsverwaltung nach dem gesetzlichen Leitbild primär nicht der Erzielung von Einkünften die­nen. Vielmehr liegt der Zweck der Zwangsverwaltung darin, die Ansprüche der Gläubiger aus den Nutzungen des beschlagnahmten Grundstücks zu befriedi­gen (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14.04.2005 ‑ V ZB 16/05, BGHZ 163, 9, unter II.2.b.cc (1.)).

(2) Im Übrigen ist die Tätigkeit eines Insolvenzverwalters nicht mit der Zwangsverwaltung eines Grundstücks vergleichbar. Während es dem Insol­venzverwalter obliegt, die Gläubiger gemeinschaftlich durch die Verwertung des gesamten Vermögens des Schuldners zu befriedigen (§ 1 Satz 1 InsO), bezieht sich das Zwangsverwaltungsverfahren nur auf das Grundstück, für das die Zwangsverwaltung angeordnet wurde (§ 148 Abs. 1 i.V.m. § 146 Abs. 1 und § 21 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwal­tung).

2. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Be­rücksichtigung der ausschließlich durch das Insolvenzverfahren verursachten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 EStG versagt.

a) Die Würdigung des FG, es bestehe kein Veranlassungszusammenhang zu den Vermietungseinkünften, unterliegt keinem Verfahrensfehler und verstößt nicht gegen Denk- beziehungsweise Erfahrungssätze. Insbesondere ist die Verneinung eines Veranlassungszusammenhangs zur Nutzungsüberlassung der Vermietungsobjekte insoweit plausibel und nachvollziehbar, als die Tätigkeit des Insolvenzverwalters nach § 1 Satz 1 InsO auf die Verwertung des Vermö­gens des Schuldners zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger, mit­hin gerade auf die Beendigung der Nutzungsüberlassung durch den Schuldner, gerichtet ist.

b) Soweit die Klägerin einen Veranlassungszusammenhang damit begründet, auslösendes Moment für die Insolvenz seien Verbindlichkeiten für Angestellte des (Immobilien‑)Betriebs gewesen, steht diesem Vortrag bereits die den Se­nat bindende und nicht durch eine Verfahrensrüge angegriffene Feststellung des FG entgegen, dass die den Insolvenzanträgen zugrunde liegenden Ver­bindlichkeiten keinen näheren Bezug zu den Vermietungsobjekten aufwiesen. Im Übrigen kommt es auch nicht darauf an, inwieweit ein derartiger Zusam­menhang bestanden haben könnte. Denn die Befriedigung im Privatvermögen befindlicher Schulden ist dem Bereich der privaten Vermögenssphäre und nicht der Ebene der Einkünfteerzielung zuzuordnen (BFH-Urteil vom 04.08.2016 ‑ VI R 47/13, BFHE 254, 435, BStBl II 2017, 276, Rz 14 mit Verweis auf Senats­urteil vom 07.08.1990 ‑ IX R 139/86, BFH/NV 1991, 94).

3. Zu Recht hat das FG auch eine Berücksichtigung der streitigen Aufwendun­gen als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG versagt.

a) Nach § 33 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn ei­nem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwie­genden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Nach stän­diger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Hö­he des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. BFH-Urteile vom 16.12.2021 ‑ VI R 41/18, BFHE 275, 194, BStBl II 2022, 321, Rz 27 und vom 01.10.2020 ‑ VI R 42/18, BFHE 270, 491, BStBl II 2021, 146, Rz 11, m.w.N.).

b) Bei Heranziehung dieser Rechtsgrundsätze sind die durch das Insolvenzver­fahren verursachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung be­rücksichtigungsfähig, da Insolvenzen keineswegs unüblich und damit nicht au­ßergewöhnlich sind (BFH-Urteil vom 16.12.2021 ‑ VI R 41/18, BFHE 275, 194, BStBl II 2022, 321, Rz 31).

4. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an die Vorinstanz zurückzuver­weisen. Der Senat kann auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden, ob sämtliche der von der Klägerin geltend gemachten Aufwen­dungen vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Denn das FG hat nicht festgestellt, inwieweit es sich bei den "Kosten des Insolvenzverfahrens" um ausschließlich durch jenes Verfahren verursachte Aufwendungen oder aber um solche gehandelt hat, die zwar im Rahmen des Insolvenzverfahrens ange­fallen sind, jedoch vordergründig durch eine einen Einkünftetatbestand ver­wirklichende Tätigkeit der Klägerin veranlasst worden und daher steuerlich be­rücksichtigungsfähig sind.

a) Nach dem objektiven Nettoprinzip unterliegt der Einkommensteuer nur das Nettoeinkommen, das heißt der Saldo aus den Erwerbseinnahmen und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen (vgl. Beschlüsse des Bun­desverfassungsgerichts vom 19.11.2019 ‑ 2 BvL 22‑26/14, BVerfGE 152, 274, Rz 94 sowie vom 04.12.2002 ‑ 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, unter C.I.1.c). Dies verpflichtet, jedenfalls diejenigen Aufwendungen zum Abzug zuzulassen, die steuerlich berücksichtigungsfähig gewesen wären, wenn die Klägerin die Vermietungsobjekte außerhalb eines Insolvenzverfahrens ver­äußert hätte.

b) Insoweit versagte das FG zwar zu Recht eine Berücksichtigung der als "Kos­ten des Insolvenzverfahrens" geltend gemachten Rechts- und Steuerberater­kosten, da die Klägerin keinen Zusammenhang zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften beziehungsweise Vermietungseinkünften darzulegen vermochte. Da dies zwischen den Beteiligten unstreitig ist, verzichtet der Se­nat auf weitere Erläuterungen.

c) Im Übrigen geht das FG jedoch nicht weiter darauf ein, inwieweit die streiti­gen Aufwendungen ausschließlich durch das Insolvenzverfahren veranlasst worden sind oder vordergründig einer Einkunftsquelle zuzuordnen gewesen wären, wenn die Klägerin außerhalb eines Insolvenzverfahrens die Grundstü­cke selbst veräußert hätte. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuho­len haben. Insbesondere wird es zu klären haben, inwiefern die Verwertungs­kosten in Höhe von … € vordergründig durch die Verwertung der Ver­mietungsobjekte veranlasst worden und daher bei der Ermittlung der Einkünf­te aus privaten Veräußerungsgeschäften als Werbungskosten zu berücksichti­gen sind.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

  • „Vielen Dank für die stets freundliche und konstruktive Betreuung durch Ihr Haus“

    Horst Flick, Groß- und Konzernbetriebsprüfer in Hessen

  • „Irgendwann innerhalb dieser 20 Jahre habe ich es einmal mit einem anderen Anbieter versucht. Das war aber gleich wieder vorbei. Nachher wusste ich SIS erst richtig zu schätzen.“

    Brigitte Scheibenzuber, Steuerberaterin, 84137 Vilsbiburg

  • „Ihre Datenbank ist eigentlich schier unerschöpflich und ich arbeite sehr gern damit. Ein großes Lob für die leichte Handhabung, die vielfachen Suchmöglichkeiten und überhaupt.“

    Ingrid Nigmann, Kanzlei Dipl.-Kfm. Georg-Rainer Rätze, 39112 Magdeburg

  • „Wir benutzen mit größter Zufriedenheit Ihre Datenbank, sie stellt wirklich eine enorme Erleichterung im täglichen Arbeitsleben dar.“

    Schneider, Siebert & Kulle, Partnerschaftsgesellschaft, 60486 Frankfurt

  • „Ich möchte nicht versäumen, Sie für die ‘SteuerMail’ zu loben. Die Aktualität und die Auswahl der Themen ist wirklich sehr gut.“

    Frank Zoller, Rechtsanwalt und Steuerberater, 75179 Pforzheim

  • „Sie haben offensichtlich die Bedürfnisse des steuerberatenden Berufs bei seiner Arbeit richtig eingeschätzt. Die Zuordnung der verschiedenen Dokumente zur jeweiligen Rechts-Vorschrift ist schlichtweg genial. Auch der Hinweis auf weitere Kommentare und Aufsätze ist außerordentlich wertvoll.“

    Willi Besenhart, Steuerberater, 81739 München

  • "Es macht wirklich Spaß mit Ihrer Datenbank zu arbeiten."

    Robert Kochs, Steuerberater, 52074 Aachen

  • "Ich bin sehr zufrieden. Die Datenbank ist äußerst hilfreich, Preis-Leistungsverhältnis stimmt."

    Erika Dersch, Steuerberaterin, 82431 Kochel am See

  • "Bin von Anfang an begeisterter Anwender und möchte SIS nicht mehr missen."

    Harald Dörr, Steuerberater, 63571 Gelnhausen

  • "Die SIS-Datenbank ist hervorragend; m.E. besser als die von den Finanzbehörden in BW verwendete Steuerrechtsdatenbank."

    Wolfgang Friedinger, 89077 Ulm

  • "Sehr gut ist die SteuerMail mit den Anlagen und die Internetseite mit den aktuellen Themen!"

    Karin Pede, IHR-ZIEL.DE GmbH, 91320 Ebermannstadt

  • "Mit Ihrer SIS-Datenbank bin ich seit Jahren sehr glücklich, hat mir schon sehr viel geholfen und der Preis ist nach wie vor sehr zivil für diese feine Geschichte."

    G. Grisebach, Steuerberaterin

  • "Auf vieles kann man verzichten - auf SIS niemals! Herzlichen Glückwunsch zur aktuellen SIS-Datenbank, vielen Dank für Ihren äußerst aktuellen Informations-Service"

    Friedrich Heidenberger, Steuerberater, 90530 Wendelstein

  • "Ihre Datenbank ist konkurrenzlos benutzerfreundlich."

    Godehard Wedemeyer, 47807 Krefeld

  • "Ich bin sehr zufrieden - rundum ein Lob von meiner Seite. Ich nutze die SIS-Datenbank schon seit vielen Jahren und finde sie sehr, sehr gut."

    Reinhard Geiges, Finanzbeamter, 70173 Stuttgart

  • "Herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Das funktioniert, wie alles bei Ihnen, wunderbar. An dieser Stelle mal ein großes Lob an das gesamte Team. Ich bin wirklich froh, dass es Sie gibt."

    Uwe Lewin, Geschäftsführer Exacta Steuerberatungs GmbH, 07546 Gera

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR