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BFH: Änderung der Gewinnermittlungsart

  1. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist der gesetzes­systematische Regelfall. Die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung kommt nur bei Erfüllung der in § 4 Abs. 3 Satz 1 des Einkommen­steuergesetzes genannten Voraussetzungen in Betracht.
  2. Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht. Der Abschluss ist in dem Zeitpunkt erstellt, in dem der Steuerpflichtige ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht.
  3. Der Steuerpflichtige bleibt für den betreffenden Gewinnermittlungszeitraum an die einmal getroffene Wahl gebunden, es sei denn, er legt eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den Wechsel dar.
  4. § 177 Abs. 1 der Abgabenordnung enthält keine selbständige Rechtferti­gung, die getroffene Wahl der Gewinnermittlungsart zu ändern.

EStG § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Satz 1
AO § 140, § 141, § 177 Abs. 1
FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

BFH-Urteil vom 27.11.2024, X R 1/23 (veröffentlicht am 6.2.2025)

Vorinstanz: Thüringer FG vom 31.8.2022, 4 K 599/21 = SIS 24 14 15

I. Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Wechsels der Gewinnermitt­lungsart nach einer Außenprüfung.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) handelte mit X und Y. Bis zum Jahr 2011 ermittelte er seinen Gewinn durch Einnahmen-Über­schuss-Rechnung. Im Jahr 2012 stellte er die Gewinnermittlung auf den Be­triebsvermögensvergleich um. Für das Streitjahr 2016 reichte der Kläger bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zusammen mit seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Gewerbesteuererklärung eine auf den 31.12.2016 erstellte Bilanz und Ge­winn- und Verlustrechnung ein. Der danach ermittelte Gewinn aus Gewerbebe­trieb betrug 20.828,22 €.

Das FA folgte der Erklärung. Es stellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.828,22 € gesondert fest und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0 € fest. Beide Bescheide standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Einsprüche gegen die Bescheide legte der Kläger nicht ein.

Im Januar 2019 fand eine Außenprüfung bei dem Kläger statt, die auch das Streitjahr umfasste. Infolgedessen änderte das FA den Bescheid über die ge­sonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und stellte einen Gewinn für das Streitjahr in Höhe von 33.472,70 € fest. Den Gewerbesteuermessbescheid änderte das FA nach § 35b Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes und setzte einen Gewerbe­steuermessbetrag in Höhe von 311 € fest.

Der Kläger reichte dagegen Einspruch ein und legte zur Begründung eine ge­änderte Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für 2016 nebst Über­gangsgewinnermittlung auf den 01.01.2016 vor. Aus dieser ergab sich ein Ge­winn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 21.809,24 €.

Das FA wies die Einsprüche zurück. Der Kläger habe sein Wahlrecht hinsicht­lich der Art der Gewinnermittlung mit Einrichtung der entsprechenden Buch­führung ausgeübt und sei nach Eintritt der Bestandskraft der Bescheide nicht mehr berechtigt gewesen, die Wahl zu ändern.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass der Kläger auch nach Bestandskraft der angefochtenen Bescheide zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung habe zurück­kehren dürfen. Nachdem das FA die bestandskräftigen Bescheide infolge der Außenprüfung zulässigerweise geändert habe, müsse der Kläger nach dem Rechtsgedanken des § 177 AO das Recht haben, die Mehrergebnisse durch Änderung der Gewinnermittlungsart zu kompensieren. Dies diene zum einen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, deren Bescheide unter dem Vor­behalt der Nachprüfung stehen, zum anderen der Waffengleichheit mit dem FA, das auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zurückgreifen könne. Es verhalte sich nicht anders als bei der zulässigen nachträglichen Ausübung des Wahlrechts nach § 7g EStG (so das Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 28.04.2016 ‑ I R 31/15, BFHE 254, 13, BStBl II 2017, 306). Mit der geänderten Wahlrechts­ausübung seien die Bescheide materiell rechtswidrig geworden, so dass § 177 AO Anwendung finde.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG und § 177 AO. Es fehle schon an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine erneute Ausübung des Wahlrechts. Der Zweck des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG, die Vereinfachung von Buchführung und Aufzeichnungen, sei nicht mehr erreichbar, wenn der Steuerpflichtige, wie im Streitfall, zulässigerweise eine Buchführung eingerichtet und einen Jahresabschluss erstellt und so seine Wahl für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ordnungsgemäß ausgeübt ha­be. Die §§ 177, 351 AO böten keine formelle Grundlage für einen Wechsel der Gewinnermittlungsart. Die Rechtslage bei § 7g EStG sei nicht vergleichbar, da auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn ein Änderungsbescheid ergangen sei, bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 7g EStG dessen Subventions- und Lenkungszweck erfüllt werden könne. Eine gleichheitswidri­ge Ungleichbehandlung zu denjenigen Steuerpflichtigen, bei denen Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien, liege nicht vor, da die materielle Bestandskraft von Bescheiden einen zulässigen Zweck verfolge, nämlich Vertrauensschutz und Rechtssicherheit.

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.

II. Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochte­nen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Kläger seine Gewinnermittlungs­art für das Streitjahr ändern konnte.

Der Kläger erfüllte im Streitjahr die Voraussetzungen für eine Gewinnermitt­lung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht mehr, weil er durch die Aufstellung des Jahresabschlusses sein Wahlrecht bereits ausgeübt hatte (un­ter 1.) und daran auch gebunden war (unter 2.). Aus § 177 Abs. 1 AO lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten (unter 3.). Übergeordnete verfassungs­rechtliche Prinzipien gebieten es ebenfalls nicht, den erneuten Wechsel der Gewinnermittlungsart zuzulassen (unter 4.).

  1. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG "ist" Gewinn der Unterschiedsbetrag zwi­schen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Be­triebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
a) Davon abweichend "können" Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzli­cher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüs­se zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse ma­chen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebs­ausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG).
aa) Diese gesetzlichen Regelungen zeigen, dass die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich der gesetzessystematische Regelfall ist. Die Ge­winnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung kommt nur bei Erfül­lung der im Gesetz bestimmten Voraussetzungen in Betracht (Senatsurteil vom 20.03.2013 ‑ X R 15/11, BFH/NV 2013, 1548, Rz 23, m.w.N.).

bb) § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG fordert zusätzlich zur fehlenden Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht, dass der Steuerpflichtige tatsächlich keine Bücher führt und keine Abschlüsse macht. Führt er hingegen ohne gesetzliche Verpflichtung freiwillig Bücher und macht er Abschlüsse, sind die tatbestandlichen Voraus­setzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht mehr erfüllt. Aufgrund der größe­ren Genauigkeit der Buchführung ist in diesem Fall der Gewinn durch Betriebs­vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln (BFH-Urteil vom 24.11.1959 ‑ I 47/58 U, BFHE 70, 499, BStBl III 1960, 188). Das gilt selbst dann, wenn die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist (BFH-Urteile vom 26.11.1964 ‑ IV 147/64, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1966, 113, unter 2.; vom 20.04.2021 ‑ IV R 3/20, BFHE 273, 119, BStBl II 2023, 703, Rz 57 und vom 18.01.2023 ‑ I R 48/19, BFH/NV 2023, 814, Rz 17).

cc) Maßgeblich für die Ausübung des Wahlrechts der Gewinnermittlungsart ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 02.06.2016 ‑ IV R 39/13, BFHE 254, 118, BStBl II 2017, 154, Rz 19, m.w.N.).

Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Ge­winnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht (BFH-Urteile vom 19.03.2009 ‑ IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.2.b aa; vom 21.07.2009 ‑ X R 46/08, BFH/NV 2010, 186, unter II.3.b; vom 05.11.2015 ‑ III R 13/13, BFHE 252, 322, BStBl II 2016, 468, Rz 16 und vom 02.06.2016 ‑ IV R 39/13, BFHE 254, 118, BStBl II 2017, 154, Rz 19). Die Ein­nahmen-Überschuss-Rechnung beziehungsweise der Betriebsvermögensver­gleich ist in dem Zeitpunkt erstellt, in dem der Steuerpflichtige sie bezie­hungsweise ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht. Beweisanzeichen dafür kann sein, dass er die Gewinnermittlung durch Über­sendung an das FA in den Rechtsverkehr begibt (vgl. BFH-Urteile vom 20.12.2012 ‑ III R 33/12, BFHE 240, 107, BStBl II 2013, 1035, Rz 20; vom 02.06.2016 ‑ IV R 39/13, BFHE 254, 118, BStBl II 2017, 154, Rz 19; vom 20.04.2021 ‑ IV R 3/20, BFHE 273, 119, BStBl II 2023, 703, Rz 60; vom 20.04.2021 ‑ IV R 20/17, BFH/NV 2021, 1191, Rz 59 und vom 18.01.2023 ‑ I R 48/19, BFH/NV 2023, 814, Rz 17).

Die frühere Rechtsprechung, der zufolge das Wahlrecht bereits zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt werden musste und nur die Mitteilung beziehungsweise Offenlegung einer bereits getroffenen Wahl im Klageverfah­ren noch nachgeholt werden konnte, hat der BFH zwischenzeitlich aufgegeben (BFH-Urteil vom 19.03.2009 ‑ IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.5.; vgl. Senatsurteil vom 20.03.2013 ‑ X R 15/11, BFH/NV 2013, 1548, Rz 24, m.w.N.).

Nach der Erstellung des Jahresabschlusses kommt folglich die Wahl der Ein­nahmen-Überschuss-Rechnung grundsätzlich nicht mehr in Betracht (BFH-Ur­teile vom 19.10.2005 ‑ XI R 4/04, BFHE 211, 262, BStBl II 2006, 509, unter II.1.; vom 19.03.2009 ‑ IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.3.b; vom 21.07.2009 ‑ X R 46/08, BFH/NV 2010, 186, unter II.3.c und vom 20.04.2021 ‑ IV R 3/20, BFHE 273, 119, BStBl II 2023, 703, Rz 60).

b) Gemessen daran hat der Kläger sein Wahlrecht, den Gewinn für das Streit­jahr durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, ausgeübt und erfüllt des­halb die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht mehr.

aa) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr ge­setzlich (§§ 140, 141 AO) nicht verpflichtet war, Bücher zu führen und Auf­zeichnungen zu machen. Der Senat kann den Unterlagen auch nichts Gegen­teiliges entnehmen.

bb) Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, muss also eine Eröffnungsbilanz erstellt haben. Zwischen den Beteiligten ist auch nicht im Streit, dass er eine ordnungsgemäße Buchführung eingerichtet hat. Schließlich hat er für das Streitjahr 2016 einen Jahresabschluss aufgestellt, den er zusammen mit seinen Erklärungen über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen beziehungsweise Gewerbesteuer dem FA vorge­legt hat.

Ungeachtet der Frage, was daraus folgen könnte (dazu etwa Senatsurteil vom 21.07.2009 ‑ X R 46/08, BFH/NV 2010, 186, unter II.3.a), bestehen keine An­haltspunkte dafür, dass bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nicht dem tatsächlichen Willen des Klägers entsprochen hätte. Der Kläger hat die Gewinnermittlung der Vorjahre fortgesetzt.

  1. Der Kläger ist an das von ihm ausgeübte Wahlrecht gebunden.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann das Gewinnermittlungswahl­recht nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger zwar grundsätzlich unbe­fristet ausgeübt werden (BFH-Urteile vom 19.10.2005 ‑ XI R 4/04, BFHE 211, 262, BStBl II 2006, 509, unter II.1. und vom 05.11.2015 ‑ III R 13/13, BFHE 252, 322, BStBl II 2016, 468, Rz 20). Diese Möglichkeit wird jedoch in mehr­facher Hinsicht beschränkt.

aa) Die Ausübung des Wahlrechts wird in formeller Hinsicht durch die Be­standskraft der betreffenden Bescheide und in materieller Hinsicht durch die jeweiligen Voraussetzungen des Gewinnermittlungswahlrechts begrenzt, im Falle des Wechsels zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung durch § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG (BFH-Urteile vom 19.10.2005 ‑ XI R 4/04, BFHE 211, 262, BStBl II 2006, 509, unter II.1.; vom 19.03.2009 ‑ IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.3.c und vom 21.07.2009 ‑ X R 46/08, BFH/NV 2010, 186, unter II.3.c). Hat der Steuerpflichtige einmal die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gewählt, liegen die tatbestandlichen Vorausset­zungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG aus den unter II.1.b aa genannten Grün­den nicht mehr vor. Die einmal getroffene Wahl der Gewinnermittlungsart ist deshalb ‑‑anders als bei anderen steuerlichen Wahlrechten (dazu BFH-Urteil vom 09.12.2015 ‑ X R 56/13, BFHE 252, 241, BStBl II 2016, 967)‑‑ grund­sätzlich nachträglich nicht mehr abänderbar (BFH-Urteile vom 29.08.1985 ‑ IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, unter 2.b; vom 31.08.1994 ‑ X R 110/90, BFH/NV 1995, 390, unter II.2.b; vom 08.10.2008 ‑ VIII R 74/05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009, 238, unter II.B.b; vom 19.03.2009 ‑ IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.3.b und vom 02.06.2016 ‑ IV R 39/13, BFHE 254, 118, BStBl II 2017, 154, Rz 26).

bb) In Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung jedoch einen solchen Wechsel zugelassen und dabei an die Grundsätze angeknüpft, die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart in aufeinanderfolgenden Jahren gelten.

(1) Der Steuerpflichtige bleibt ‑‑aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung‑‑ nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart grundsätzlich für drei Wirt­schaftsjahre an diese Wahl gebunden; nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes kann er vor Ablauf dieser Frist wieder zurückwechseln. Legt der Steu­erpflichtige die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünf­tigen wirtschaftlichen Grund für den erneuten Wechsel der Gewinnermittlungs­art dar, so kann sogar ein mehrfacher Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den gleichen Zeitpunkt zuzulassen sein (BFH-Urteile vom 09.11.2000 ‑ IV R 18/00, BFHE 193, 436, BStBl II 2001, 102, unter 2.c bb und vom 02.06.2016 ‑ IV R 39/13, BFHE 254, 118, BStBl II 2017, 154, Rz 27).

(2) Gründe für einen Wechsel der Gewinnermittlungsart auf denselben Stich­tag können etwa Besonderheiten bei einem Umwandlungsvorgang sein (BFH-Urteil vom 05.04.1984 ‑ IV R 88/80, BFHE 141, 27, BStBl II 1984, 518, unter 2.b). Die schlichte Unkenntnis aller mit der Ausübung des Wahlrechts verbun­denen steuerlichen Folgen berührt dagegen nicht die Wirksamkeit der Wahl einer Gewinnermittlungsart (BFH-Urteile vom 29.08.1985 ‑ IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, unter 3.; vom 02.03.2006 ‑ IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457, unter II.2.a aa; vom 19.03.2009 ‑ IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, unter II.3.a). Ein Irrtum über die steuerlichen Folgen der gewähl­ten Gewinnermittlungsart begründet daher nicht die Möglichkeit, sie zu ändern (BFH-Urteil vom 02.06.2016 ‑ IV R 39/13, BFHE 254, 118, BStBl II 2017, 154, Rz 29).

b) Nach diesen Maßstäben war dem Kläger die Änderung der Wahlrechtsaus­übung nicht mehr möglich.
aa) Zwar hat das FG zu Recht nicht in Frage gestellt, dass der Kläger grund­sätzlich berechtigt gewesen wäre, für das Streitjahr vom Betriebsvermögens­vergleich der Vorjahre zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung überzugehen. Er hatte seinen Gewinn für einen angemessenen Zeitraum nach der zuvor selbst gewählten Gewinnermittlungsmethode ‑‑hier seit 2012 und damit für vier Jah­re‑‑ ermittelt, so dass der Wechsel der Gewinnermittlungsart für das Streitjahr nicht als beliebiges Hin- und Herwechseln anzusehen gewesen wäre.

bb) Jedoch liegen die Voraussetzungen für einen Wechsel der Gewinnermitt­lungsart auf das Streitjahr 2016 nicht vor. Der Kläger hat keinen vernünftigen wirtschaftlichen Grund dargelegt, der es rechtfertigen könnte, die einmal ge­wählte Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich für dasselbe Jahr wieder zu ändern. Allein der Umstand, dass der Kläger durch den Wechsel zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung eine Gewinnerhöhung infolge der Außenprü­fung "glätten" wollte, reicht hierfür nicht aus. Damit haben sich nicht die wirt­schaftlichen Verhältnisse geändert. Der Kläger war vielmehr einem Irrtum über die steuerlichen Folgen der gewählten Gewinnermittlungsart unterlegen, der die Änderungsmöglichkeit nicht eröffnet. Zu den steuerlichen Folgen gehö­ren auch solche, die erst anlässlich späterer Vorgänge, etwa einer Außenprü­fung, sichtbar werden.

3. Anders als das FG meint, lässt sich aus § 177 Abs. 1 AO kein anderes Er­gebnis herleiten. Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Ände­rung eines Steuerbescheides zuungunsten des Steuerpflichtigen vor, so sind gemäß § 177 Abs. 1 AO, soweit die Änderung reicht, zugunsten und zuun­gunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen, die nicht Anlass der Aufhebung oder Änderung sind. Ein solcher Fehler liegt nicht vor.

a) Der Begriff des materiellen Fehlers umfasst nach § 177 Abs. 3 AO alle Feh­ler einschließlich offenbarer Unrichtigkeiten im Sinne des § 129 AO, die zur Festsetzung einer Steuer führen, die von der kraft Gesetzes entstandenen Steuer abweicht. Unter den Fehlerbegriff des § 177 AO fällt jede objektive Un­richtigkeit des aufzuhebenden oder abzuändernden Bescheides. Rechtsfehler­haft in diesem Sinne ist ein Bescheid nicht nur, wenn geltendes Recht unrichtig angewendet wurde, sondern auch dann, wenn der Steuerfestsetzung ein Sach­verhalt zugrunde gelegt worden ist, der sich als unrichtig erweist (Senatsurteil vom 18.12.1991 ‑ X R 38/90, BFHE 167, 1, BStBl II 1992, 504, unter 3.b, m.w.N.; BFH-Urteil vom 30.10.2019 ‑ IV R 59/16, BFHE 267, 386, BStBl II 2020, 147, Rz 21).

b) Die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundla­gen und über den Gewerbesteuermessbetrag sind hinsichtlich der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich nicht feh­lerhaft. Sie basieren auf den Steuererklärungen des Klägers, in denen er in zulässiger Weise von seinem Recht zur Wahl der Gewinnermittlung Gebrauch gemacht hat, und setzen diese zutreffend und damit fehlerfrei um. Eine selb­ständige Rechtfertigung, die getroffene Wahl zu ändern, enthält § 177 Abs. 1 AO nicht (vgl. auch Senatsurteil vom 09.12.2015 ‑ X R 56/13, BFHE 252, 241, BStBl II 2016, 967, Rz 44). Die Bescheide sind nicht unrichtig, sondern ledig­lich ungünstig für den Kläger.

4. Verfassungsrechtliche Gründe gebieten es ebenfalls nicht, den Wechsel der Gewinnermittlungsart im Wege einer verfassungskonformen Auslegung von § 177 AO zu ermöglichen.

a) Weder sind hier das Übermaßverbot, das aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgeset­zes (GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG folgt (vgl. Be­schluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 08.07.2021 ‑ 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BVerfGE 158, 282, Rz 96, 117, 223), noch der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der im Steuerrecht durch die Gebote der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit ausgestaltet wird (BVerfG-Be­schluss vom 06.07.2010 ‑ 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, Rz 36, m.w.N.), berührt. Der Kläger hat die Art der Gewinnermittlung für sein Einzelunternehmen in seiner Steuererklärung selbst gewählt. Dass das Ergeb­nis dieser Wahl seiner Besteuerung zugrunde gelegt werden würde, war dem Kläger bewusst. Er hat nicht vorgetragen und es ist auch nicht aus den Akten ersichtlich, dass die von ihm getroffene Entscheidung zu einer existenzvernich­tenden Belastung geführt und deshalb ein Wechsel der Gewinnermittlungsart hätte zugelassen werden müssen.

b) Anders als das FG sieht der Senat auch keine Ungleichbehandlung zwischen formell bestandskräftigen und noch offenen Steuerbescheiden. Unabhängig vom Eintritt der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung kann das Recht zur Wahl der Gewinnermittlungsart grundsätzlich nur einmal ausgeübt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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