BFH: DBA-Schweiz 1971/2010, Abkommensrechtliche Aufteilung der Einkünfte eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Piloten
Die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit eines im Inland ansässigen Piloten, der von einem in der schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz) ansässigen Unternehmen im internationalen Luftverkehr eingesetzt wird, sind nur insoweit von der deutschen Einkommensteuer (unter Progressionsvorbehalt) freizustellen, als er seine Tätigkeit nach dem Territorialitätsprinzip auf Schweizer Boden und im Schweizer Luftraum ausübt.
EStG § 1 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
DBA CHE 1971/2010 Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, Art. 15 Abs. 1 bis 3, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d und Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Abs. 1 Nr. 2
BFH-Urteil vom 24.10.2024, VI R 28/22 (veröffentlicht am 13.2.2025)
Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 24.6.2021, 2 K 2191/17
I. Der verheiratete Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der nach § 26a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den Streitjahren (2013 und 2014) einzelveranlagt wurde, war bei der I AG als Pilot angestellt. Der Sitz der Geschäftsleitung der I AG befindet sich in der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz). Der Kläger war in den Streitjahren sowohl im nationalen Flugverkehr der Schweiz als auch im internationalen Flugverkehr tätig. Er hatte bereits im Jahr 2011 einen Wohnsitz in der Schweiz begründet. Sein Lebensmittelpunkt befand sich in den Streitjahren bei seiner Familie in X in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Vom Arbeitslohn des Klägers behielt die I AG Schweizerische Quellensteuer ein.
In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärte der Kläger steuerfreien Arbeitslohn nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 27.10.2010 (BGBl II 2011, 1092, BStBl I 2012, 513) ‑‑DBA-Schweiz 1971/2010‑‑.
Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) veranlagte den Kläger zunächst erklärungsgemäß, aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑). Bei einer späteren Überprüfung entnahm das FA den Flugplänen, dass der Kläger im Jahr 2013 überwiegend für innereuropäische Flüge aus der Schweiz sowie in die Schweiz und im Jahr 2014 überwiegend für Langstreckenflüge mit Start und Ziel in der Schweiz eingesetzt worden war. Es legte der Steuerfestsetzung 2013 daraufhin einen Arbeitslohn des Klägers zugrunde, den es in Höhe von 45.468 € (57,53 %) der deutschen Besteuerung unterwarf und in Höhe von 33.566 € (42,47 %) als steuerfrei, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegend behandelte. Der Steuerfestsetzung 2014 legte das FA einen Arbeitslohn des Klägers zugrunde, den es in Höhe von 53.630 € (58,69 %) der deutschen Besteuerung unterwarf und in Höhe von 37.749 € (41,31 %) als steuerfrei, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegend behandelte. Außerdem berücksichtigte das FA in beiden Jahren den Arbeitnehmer-Pauschbetrag.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Einspruch und machte zudem Werbungskosten für das Jahr 2013 in Höhe von 19.274 € und für 2014 in Höhe von 22.074 € geltend.
Mit der Einspruchsentscheidung setzte das FA die Einkommensteuer für die Streitjahre herab. Dies beruhte auf einer geänderten Aufteilung der Einkünfte, die nach Auffassung des FA nunmehr in Höhe von 55 % auf Tätigkeiten in Deutschland und in Drittstaaten sowie in Höhe von 45 % auf Tätigkeiten in der Schweiz entfallen sollten. In diesem Umfang (55 %) erkannte das FA auch die vom Kläger nachträglich erklärten Werbungskosten an. Außerdem nahm es eine Anrechnung der schweizerischen Quellensteuer in Höhe von 55 % vor. Im Übrigen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Der im Anschluss erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) ganz überwiegend mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 484 veröffentlichten Gründen statt. Es war im Wesentlichen der Ansicht, dass die Frage, ob eine Arbeit in der Schweiz ausgeübt werde, bei einem internationalen Flug allein danach zu betrachten sei, ob dieser in der Schweiz beginne oder ende; dagegen sei keine Aufteilung auf Abschnitte in der Schweiz oder außerhalb der Schweiz vorzunehmen. Für 2013 seien danach 100 % und für 2014 99 % der Vergütungen des Klägers der Tätigkeit in der Schweiz zuzuordnen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt,
das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 24.06.2021 ‑ 2 K 2191/17 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit Deutschland als Ansässigkeitsstaat und daneben der Schweiz als Tätigkeitsstaat beziehungsweise Unternehmensstaat zusteht (dazu unter 3.). Das FG hat jedoch zu Unrecht die Einkünfte ganz überwiegend mit der Begründung von der Besteuerung ausgenommen, dass im Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 die Arbeit an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr als "in der Schweiz ausgeübt" anzusehen sei, wenn der jeweilige Flug in der Schweiz beginne oder ende (dazu unter 4.c).
1. Der Kläger ist in den Streitjahren aufgrund seines inländischen Wohnsitzes nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG mit seinem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig.
2. Er ist in den Streitjahren auch gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-Schweiz 1971/2010 abkommensrechtlich in Deutschland ansässig. Denn der Kläger verfügte sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz über eine ständige Wohnstätte im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 und hatte den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010 in Deutschland. Aufgrund des Zusammenlebens mit seiner Familie in X unterhielt er die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Vertragsstaat Deutschland.
3. Der Schweiz steht nach dem DBA-Schweiz 1971/2010 für die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, die dieser in den Streitjahren aus seiner Tätigkeit als angestellter Pilot bei der I AG erzielt hat, nicht das ausschließliche Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 1 und 3 DBA-Schweiz 1971/2010 zu. Vielmehr steht auch Deutschland als Ansässigkeitsstaat gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte zu.
a) Dies gilt zunächst für die Einkünfte, die der Kläger für die Tätigkeit im Rahmen reiner Inlandsflüge in der Schweiz erhalten hat.
aa) Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen aus unselbständiger Arbeit grundsätzlich in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Bezieher der Vergütungen ansässig ist (Ansässigkeitsstaat). Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971/2010 können, wenn eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte aus einer im anderen Vertragsstaat ausgeübten unselbständigen Arbeit bezieht, diese Einkünfte in dem anderen Vertragsstaat (Tätigkeitsstaat) besteuert werden.
bb) Danach steht der Schweiz als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Vergütungen des Klägers für seine Tätigkeit im Rahmen reiner Inlandsflüge zu. Die Tätigkeit im Rahmen der Inlandsflüge gilt auch soweit sich diese auf den Luftraum über der Schweiz erstreckt als ausschließlich in der Schweiz ausgeübt. Das der Schweiz als Tätigkeitsstaat zustehende Besteuerungsrecht gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971/2010 verdrängt jedoch nicht das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats (hier Deutschland). Vielmehr bleibt dieses daneben bestehen.
b) Ein ausschließliches Besteuerungsrecht steht der Schweiz auch nicht für die Vergütungen des Klägers zu, die dieser für die unselbständige Arbeit an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr erhalten hat.
aa) Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 können ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels unter anderem Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr ausgeübt wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des (Luftfahrt‑)Unternehmens befindet (Unternehmensstaat); werden die Vergütungen im Unternehmensstaat nicht besteuert, so können sie im Ansässigkeitsstaat besteuert werden (Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010).
Zu der Tätigkeit, die nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr ausgeübt wird, zählen dabei nicht nur die Tätigkeiten an Bord des Luftfahrzeugs selbst, sondern auch die Aufgaben an Land oder am Boden, wenn diese der Arbeit an Bord dienen oder der eigentlichen Arbeit an Bord inhaltlich verbunden sind (s. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20.05.2015 ‑ I R 47/14, BFHE 250, 87, BStBl II 2015, 808, Rz 18).
Im Streitfall ergibt sich mithin hinsichtlich der Vergütungen, die der Kläger für die Tätigkeit an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr und für die damit zusammenhängenden Aufgaben an Land oder Boden erzielt hat, ein Besteuerungsrecht der Schweiz. Denn der Ort der Geschäftsleitung der I AG liegt in der Schweiz. Die Schweiz war mithin in den Streitjahren der Unternehmensstaat im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010.
bb) Dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 lässt sich indes nicht entnehmen, dass diese Einkünfte "nur" in dem Unternehmensstaat (hier der Schweiz) besteuert werden dürfen. Die Regelung spricht allein das Besteuerungsrecht des Unternehmensstaats an. Die Vorschrift ist auch nur hinsichtlich derjenigen Regelungen in Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-Schweiz 1971/2010 lex specialis, die das Besteuerungsrecht des Vertragsstaats regeln, der der Unternehmensstaat ist. Das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats (hier Deutschland) wird von Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 nicht berührt (s. BFH-Urteile vom 22.10.2003 ‑ I R 53/02, BFHE 204, 102, BStBl II 2004, 704, unter II.3.a und vom 10.01.2012 ‑ I R 36/11, Rz 14).
cc) Auch aus Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010 ergibt sich kein ausschließliches Besteuerungsrecht der Schweiz. Die Regelung lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass die Vergütungen nur dann im Ansässigkeitsstaat besteuert werden dürfen, wenn sie im Unternehmensstaat nicht besteuert werden. Da Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010 das Entstehen sogenannter weißer Einkünfte verhindern soll, bestünde ohne diese Regelung eine Besteuerungslücke, falls der Vertragsstaat, der Unternehmensstaat ist, von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht und der Ansässigkeitsstaat die Einkünfte ganz oder teilweise nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 freistellen müsste. Gewollte Rechtsfolge des Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010 ist somit eine Ausweitung des Besteuerungsrechts des Ansässigkeitsstaats. Dies und die Tatsache, dass Art. 15 Abs. 3 Satz 2 an Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 anknüpft und dieser das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats nicht berührt, sprechen dafür, auch aus Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010 keine Einschränkung des Besteuerungsrechts des Ansässigkeitsstaats abzuleiten (BFH-Urteil vom 10.01.2012 ‑ I R 36/11, Rz 15).
4. Die Ausübung des hiernach bestehenden Besteuerungsrechts bestimmt sich, soweit es um die streitgegenständlichen Einkünfte des Klägers geht, daher nach Art. 24 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2010.
a) Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 werden bei einer in Deutschland ansässigen Person die aus der Schweiz stammenden Einkünfte aus unselbständiger Arbeit im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz 1971/2010 ‑‑mit Ausnahme der im Streitfall nicht in Betracht kommenden Einkünfte im Sinne des Art. 17 DBA Schweiz 1971/2010‑‑ von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer ausgenommen, wenn sie nach den dem Art. 24 voranstehenden Artikeln des DBA-Schweiz 1971/2010 in der Schweiz besteuert werden können und die unselbständige Arbeit in der Schweiz ausgeübt wird.
Im Falle einer solchen Freistellung werden diese Einkünfte bei der Festsetzung des Satzes der Steuer auf die Einkünfte, die nach dieser Vorschrift nicht von der Bemessungsgrundlage auszunehmen sind, einbezogen (Freistellung mit Progressionsvorbehalt; Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010 i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Soweit die Voraussetzungen für eine Freistellung nicht vorliegen, wird bei den aus der Schweiz stammenden Einkünften die schweizerische Steuer nach Maßgabe der Vorschriften des deutschen Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuern auf den Teil der deutschen Einkommensteuer angerechnet, der auf diese Einkünfte entfällt (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 i.V.m. § 34c EStG).
b) Danach sind die Einkünfte des Klägers, die er für die Tätigkeit im Rahmen reiner Inlandsflüge in der Schweiz erhalten hat, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen.
Wie unter II.3.a dargelegt, steht der Schweiz als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für diese Vergütungen nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971/2010 zu; ebenfalls gilt diese Tätigkeit als in der Schweiz ausgeübt.
c) Die Einkünfte des Klägers, die er für die unselbständige Arbeit an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr erhalten hat, sind demgegenüber nur insoweit von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, als die Tätigkeit territorial auf dem Boden oder im Luftraum über der Schweiz ausgeübt wurde. Nur soweit der Kläger auf Schweizer Boden und im Schweizer Luftraum tätig geworden ist, gilt seine Tätigkeit im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 als "in der Schweiz ausgeübt". Die entsprechenden Tätigkeiten und der räumliche Bezug sind im Einzelnen vom Kläger nachzuweisen.
aa) Ausgehend vom Territorialitätsprinzip ist die Arbeit an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 nicht bereits deshalb vollständig als "in der Schweiz ausgeübt" anzusehen, weil der jeweilige Flug in der Schweiz begonnen und beendet worden ist.
Eine solche Auslegung lässt sich insbesondere nicht aus Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 ableiten.
Nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, wenn der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält, die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist, und die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat.
Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 beinhaltet eine Ausnahmeregelung, die hauptsächlich für von in einem Vertragsstaat ansässigen Unternehmen entsandte Arbeitnehmer zur Anwendung kommt, beispielsweise für Monteure, die in einem anderen Vertragsstaat eine Anlage errichten (Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 45; Brandis in Wassermeyer Schweiz Art. 15 Rz 45). Diese ‑‑für sich kurzzeitig im Tätigkeitsstaat aufhaltende Arbeitnehmer gedachte‑‑ Ausnahme soll der Tatsache Rechnung tragen, dass der Steuerpflichtige in solchen Fällen die engere wirtschaftliche Bindung zu seinem Wohnsitzstaat behält. Buchst. a der Vorschrift setzt daher voraus, dass der Arbeitnehmer sich insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres im Tätigkeitsstaat aufhält.
Abgestellt wird auf die Aufenthaltsdauer, das heißt die physische Anwesenheit des Steuerpflichtigen im Tätigkeitsstaat, nicht auf die Dauer der ausgeübten Tätigkeit (Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 7. Aufl., Art. 15 Rz 75; Reinhold in: Gosch/Kroppen/Grotherr/Kraft, DBA, Art. 15 OECD‑MA Rz 128). Für die Berechnung des 183-Tage-Zeitraums gelten damit andere Grundsätze als für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "in der Schweiz ausgeübt[e]" Arbeit in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010, welches maßgeblich auf die Dauer der konkreten unselbständigen im Tätigkeitsstaat ausgeübten Arbeit für die Besteuerung abstellt.
bb) Ebenso wenig kann für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "in der Schweiz ausgeübt[e]" Arbeit in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 die Regelung des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 herangezogen werden. Anders als der Kläger meint, gilt die unselbständige Arbeit, die ‑‑wie hier‑‑ unter den Tatbestand des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 fällt, nicht als ausschließlich im Unternehmensstaat ausgeübt. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 enthält keine derartige Fiktion des Arbeitsorts (BFH-Urteile vom 22.10.2003 ‑ I R 53/02, BFHE 204, 102, BStBl II 2004, 704 und vom 10.01.2012 ‑ I R 36/11, Rz 17; a.A. Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 94 und 98; zum Streitstand vgl. z.B. Brandis in Wassermeyer Schweiz Art. 15 Rz 85, m.w.N.). Die Regelung unterscheidet zwischen dem Arbeitsort "an Bord" eines Schiffes oder Luftfahrzeugs, der sich in der Regel geographisch ständig ändert und oft auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Vertragsstaaten liegt, und dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens. Das Besteuerungsrecht des Unternehmensstaats knüpft gerade nicht an den geographischen Arbeitsort, sondern unabhängig vom Ort der Ausübung der Arbeit an den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens an. Rechtsfolge des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ist zwar ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht des Unternehmensstaats, das dem Besteuerungsrecht des Vertragsstaats entspricht, in dem die gesamte Arbeit ausgeübt wird; diese Identität der Rechtsfolgen ändert aber nichts daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Besteuerungsrechte sich unterscheiden und der Unternehmensstaat nur insoweit Tätigkeitsstaat im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 ist, als die Arbeit in dessen Hoheitsgebiet ausgeübt wird (BFH-Urteile vom 22.10.2003 ‑ I R 53/02, BFHE 204, 102, BStBl II 2004, 704, unter II.4. und vom 10.01.2012 ‑ I R 36/11, Rz 17).
cc) Schließlich gebietet auch ein dem Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 bzw. dem Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/2010 innewohnender Vereinfachungsgedanke keine vom Territorialitätsprinzip abweichende Auslegung.
Grenze für eine Vereinfachung durch die Rechtsanwendung ist der Abkommenstext. Hätten die Vertragsparteien des DBA-Schweiz 1971/2010 eine weitgehende Vereinfachung der Rechtsanwendung hinsichtlich an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr tätigen Personals beabsichtigt, hätte es nahegelegen, die Regelung des Verteilungsartikels Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/2010 in den Methodenartikel Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 zu übernehmen. Da die Vertragsparteien dies nicht getan haben, sondern es vielmehr uneingeschränkt bei der abkommensrechtlichen Formulierung des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 ("vorausgesetzt, die Arbeit wird in der Schweiz ausgeübt") belassen haben, ist hinsichtlich der internationalen Flüge eine Abgrenzung der zeitlichen Anteile der Tätigkeitsdauer in der Schweiz von den in anderen Staaten ausgeübten Zeitanteilen für die Anwendung der Freistellungsmethode angeordnet worden und mithin erforderlich.
Die entsprechenden Tätigkeitszeiten zu ermitteln, liegt zudem nicht außerhalb der tatsächlichen Möglichkeiten des Steuerpflichtigen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.01.2012 ‑ I R 36/11, Rz 22).
dd) Bei der Feststellung der anteiligen Tätigkeitszeiten des Klägers auf Schweizer Boden und im Schweizer Luftraum während der die Arbeit im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 in der Schweiz ausgeübt wurde, ist ausschließlich auf die konkreten Arbeitstage abzustellen, wohingegen Urlaubs- und Krankheitstage bei der Bestimmung des Umfangs der tatsächlichen Arbeitsausübung außer Ansatz bleiben.
5. Die Vorinstanz ist zum Teil von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Feststellungen des FG ermöglichen keine abschließende Entscheidung des Streitfalls. Im zweiten Rechtsgang wird das FG insbesondere festzustellen haben, welchen zeitlichen Anteil seiner unselbständigen Tätigkeit der Kläger territorial im Staatsgebiet oder im Luftraum der Schweiz beziehungsweise außerhalb des Schweizer Territoriums ausgeübt hat.
Legt der Kläger insoweit aussagekräftige Unterlagen nicht vor, hat das FG die entsprechenden zeitlichen Anteile der Arbeitsausübung unter Beachtung der angeführten Rechtsgrundsätze zu schätzen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AO). Dabei wird es jedoch gegebenenfalls das im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Verböserungsverbot zu beachten haben.
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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