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FG Hamburg: Einkommensteuer – Anforderungen an ein Fahrtenbuch bei Berufsgeheimnisträgern

Finanzgericht Hamburg, Auszug aus dem Newsletter 1/2025 vom 4.4.2025

  1. Die in § 43a Abs. 2 BRAO normierte Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung.
  2. Berufsgeheimnisträger können bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG Schwärzungen vornehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich sind, um die Identitäten von Mandanten zu schützen.
  3. Die Berechtigung, einzelne Eintragungen im Fahrtenbuch zu schwärzen, ändert nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung; gegebenenfalls muss der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen.

Das Verfahren betraf unter anderem die Frage, ob ein Berufsgeheimnisträger zum Nachweis des Verhältnisses von privaten Fahrten zu beruflichen Fahrten nach der Fahrtenbuchmethode ein teilweise geschwärztes Fahrtenbuch vorlegen darf.

Der Kläger war in den Streitjahren als Rechtsanwalt tätig und legte ein teilweise geschwärztes Fahrtenbuch vor.

Der 3. Senat hat dazu zunächst allgemein festgestellt, dass ein ordnungsgemäßes Fahrten­buch nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliege, wenn die Aufzeichnungen eine hin­reichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit böten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar seien. Die Aufzeichnungen müssten daher zu den geschäftlichen Reisen Angaben enthalten, anhand derer sich die berufliche Veranlassung der Fahrten plausibel nachvollziehen und gegebenenfalls auch nachprüfen lassen. In dem Fahrtenbuch seien neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch die jeweils auf­gesuchten Geschäftspartner oder - wenn solche nicht vorhanden seien - der konkrete Gegen­stand der beruflichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügten allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergebe oder wenn sich der Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen er­mitteln lasse, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig seien.

Einschränkend betont der Senat jedoch, dass die Anforderungen, die die Rechtsprechung an ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch stelle, bei Berufsgeheimnisträgern mit deren Verschwiegenheitspflicht kollidieren könne, wenn Berufsgeheimnisträger Daten in das Fahrten­buch eintragen müssten, die der Verschwiegenheitspflicht unterfielen. Im Ergebnis geht das Gericht daher davon aus, dass Berufsgeheimnisträger berechtigt seien, bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG Schwärzungen vorzunehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich seien, um die Identitäten von Mandanten zu schützen. Die Schwär­zungen müssten jedoch auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben und dürften sich nicht auf Daten erstrecken, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Schwärzungen dürf­ten daher nur bei solchen Daten vorgenommen werden, die Rückschlüsse auf die Identitäten von Mandanten zuließen. Ortsnamen dürften grundsätzlich nicht geschwärzt werden. Keine Schwärzungen dürften ferner vorgenommen werden bei Fahrten in die eigene Kanzlei oder Fahrten zu Behörden, wenn zu diesen kein Mandats­verhältnis bestehe. Bei Gerichtsterminen unterliege die Bezeichnung des Gerichts ebenfalls nicht der Verschwiegenheitspflicht. Keine Schwärzungen dürften ferner vorgenommen werden, wenn der betroffene Mandant auf die Geheimhaltung seiner Identität verzichtet habe.

Abschließend weist das Gericht noch darauf hin, dass es bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode dem Steuerpflichtigen obliege, das Verhältnis von Privatfahrten zu beruflichen Fahrten nachzuweisen. Gelinge dieser Nachweis nicht, finde bei überwiegend betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen die 1%-Methode Anwendung, was im Grundsatz auch für die Fahrtenbücher von Berufsgeheimnisträgern gelte. Es bleibe dabei, dass sich das Gericht die volle Überzeugung verschaffen können müsse, dass das Fahrtenbuch vollständig und richtig ist. Gegebenenfalls müsse der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwär­zungen in dem erfolgten Umfang erforderlich gewesen seien, und die berufliche Veranlassung der betroffenen Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen.

Im Ergebnis hat der 3. Senat das Vorliegen der Anforderungen an ein Fahrtenbuch iSd § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG verneint und die 1%-Methode angewandt.

Urteil vom 13.11.2024 (3 K 111/21 = SIS 25 02 23), Revision eingelegt, Az. des BFH VIII R 35/24.

Newsletter des Finanzgerichts Hamburg 1/2025