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BFH: Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung, kein Ausgleich von Gewinnen des Rückwirkungszeitraums mit einem Verlustrücktrag

§ 2 Abs. 4 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes steht auch dem Ausgleich von positiven Einkünften, die der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungs­zeitraum erzielt hat, mit einem Verlustrücktrag des übernehmenden Rechts­trägers aus dem Folgejahr entgegen.

UmwStG 2006 § 2 Abs. 4 Satz 3, 6
EStG § 10d Abs. 1 Satz 1, 4, Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1
UmwG § 17 Abs. 2 Satz 4, § 20 Abs. 1
AO § 39 Abs. 1

BFH-Urteil vom 13.3.2024, X R 32/21 (veröffentlicht am 19.12.2024)

Vorinstanz: FG Hamburg vom 5.8.2021, 1 K 244/19 (EFG 2021, 1929 = SIS 21 17 13)

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) firmierte ursprünglich als A‑GmbH. Mit Verschmelzungsvertrag vom xx.08.2013 wurde die ehemalige B‑GmbH (übertragende Gesellschaft) rückwirkend zum 01.01.2013 auf die Klägerin als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am yy.09.2013 im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen. Die übernehmende Gesellschaft wurde in B‑GmbH umfirmiert.

Zum 31.12.2012 war für die Klägerin ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer von 1.565.286 € festgestellt worden, wovon nach Anwen­dung von § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nur noch ein Betrag von 918.979 € für die Verlustverrechnung zur Verfügung stand. Im Streitjahr 2013 belief sich der Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin auf 900.773 €. Im Wege zeitanteiliger Aufteilung ging die Klägerin davon aus, dass ein Teilbetrag von 631.862 € noch von der übertragenden Gesellschaft im Rückwirkungszeit­raum (01.01.2013 bis yy.09.2013) erzielt worden sei und der Restbetrag von 268.911 € auf die Zeit nach dem handelsrechtlichen Wirksamwerden der Ver­schmelzung entfalle.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Betrag von 631.862 € gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes vom 07.12.2006 (BGBl I 2006, 2782) ‑‑UmwStG 2006‑‑ i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsge­setzes vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) ‑‑künftig als "UmwStG 2006 n.F." bezeichnet‑‑ nicht mit dem zum 31.12.2012 festgestellten verbleibenden Ver­lustvortrag der Klägerin verrechnet werden konnte. Dementsprechend zog der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) im geänderten Körperschaft­steuerbescheid 2013 vom 25.01.2016 einen Verlustvortrag von 268.911 € ab und setzte die Steuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 631.862 € auf 94.779 € fest.

Im Jahr 2014 erzielte die Klägerin ein zu versteuerndes Einkommen von ./. 2.838.695 €. Das FA stellte mit Bescheid vom 22.04.2016 unter Einbezie­hung des Verlustvortrags aus 2013 in Höhe von 650.068 € den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2014 auf 3.488.763 € fest. Am 02.05.2016 stellte die Klägerin den im vorliegenden Verfahren streitge­genständlichen Antrag, den Körperschaftsteuerbescheid 2013 dahingehend zu ändern, dass ein Verlustrücktrag aus 2014 in Höhe von 631.862 € abgezogen und die Steuer auf 0 € herabgesetzt wird.

Mit Bescheid vom 06.03.2018 lehnte das FA den Änderungsantrag ab. Zur Begründung führte es aus, gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. könn­ten positive Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeit­raum auch nicht mit negativen Einkünften des übernehmenden Rechtsträgers des Folgejahres ausgeglichen werden. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1929). Schon die im Wortlaut des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. genannten Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Denn diese Norm verbiete nicht generell den Ausgleich von positiven Einkünften, die der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum erzielt habe, mit Verlus­ten des übernehmenden Rechtsträgers, sondern zähle lediglich bestimmte Ver­lusttatbestände auf, die hier nicht einschlägig seien. Selbst wenn man den Verlustrücktrag als "nicht ausgeglichene negative Einkünfte" des übernehmen­den Rechtsträgers ansehen wolle, sei der Ausschluss des Verlustrücktrags vom Sinn und Zweck der Norm nicht gedeckt. Vielmehr erfasse sie nur Verluste, die bis zum Ende des Rückwirkungszeitraums entstanden seien. Ausweislich der Gesetzesmaterialien habe der Gesetzgeber einer "Monetarisierung von Verlus­ten" entgegenwirken wollen. Dabei hätten ihm insbesondere Gestaltungen im Bankensektor vor Augen gestanden, bei denen Gesellschaften mit hohen stil­len Reserven auf Verlustgesellschaften verschmolzen und im Rückwirkungs­zeitraum die stillen Reserven realisiert worden seien. Der Gesetzgeber habe daher allein die Nutzbarmachung von bereits bestehenden oder unmittelbar zu erwartenden Verlustpositionen verhindern wollen. Das Entstehen künftiger Verluste sei hingegen nur in sehr engen Grenzen gestaltbar. Schlösse man ei­nen Verlustrücktrag generell aus, bliebe dem übernehmenden Rechtsträger "mitunter" ein Verlustabzug verwehrt, der ohne die Verschmelzung hätte vor­genommen werden können. Ein derart weitreichendes Verlustabzugsverbot er­scheine vor dem Hintergrund des Missbrauchsverhinderungscharakters der Norm und der aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Notwen­digkeit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht sachgerecht.

Mit seiner Revision vertritt das FA die Auffassung, schon der Gesetzeswortlaut schließe einen Verlustrücktrag aus, weil dieser aus "nicht ausgeglichenen ne­gativen Einkünften" im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. stam­me. Anders als das FG meine, beschränke sich der Normzweck weder auf Missbrauchsfälle noch auf die Verhinderung einer Nutzung lediglich bestehen­der oder unmittelbar zu erwartender Verlustpositionen. Vielmehr bezwecke § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F., positive Einkünfte, die der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum erzielt habe, endgültig zu besteuern. Die ‑‑vom Handelsrecht abweichende‑‑ steuerliche Rückwirkung diene der Vereinfachung bei der Ermittlung des Einkommens, solle aber keine weiteren Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Eine klassische Verlustgesellschaft habe Verlustvorträge, laufende Verluste und künftige Verluste. Folgte man dem FG, bedeutete dies, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. nur eine Verrech­nungssperre für den Veranlagungszeitraum der Verschmelzung enthielte, in Bezug auf den anschließend erzielten Verlust aber eine Verrechnung mit Ge­winnen des übertragenden Rechtsträgers aus dem Rückwirkungszeitraum zu­ließe. Eine solche Auslegung erscheine willkürlich. Tatsächlich habe der Ge­setzgeber eine modellhafte Verlustnutzung vollständig verhindern wollen.

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Gesetzeswortlaut werde überdehnt, wenn auch der Verlustrücktrag (zurückgetragene negative Einkünfte des Folgejahres) als nicht ausgeglichene negative Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. verstanden würde. Die Behauptung des FA, Normzweck sei die Sicherstellung der endgültigen Besteuerung der vom übertragenden Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum erzielten positiven Einkünfte, finde weder im Gesetzeswortlaut noch in den Materialien eine Stütze. Eine Verlust­verrechnung trage grundsätzlich zur Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei und könne nicht stets als missbräuchlich angesehen werden, zumal der Verlust der Folgejahre auch aus dem Geschäftsbetrieb des übertragenden Rechtsträgers stammen könne und ohne Verschmelzung hätte zurückgetragen und verrechnet werden können.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Ent­scheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

Entgegen der Auffassung des FG erfasst § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. den Verlustrücktrag (dazu unten 1.). Die Sache ist gleichwohl an das FG zu­rückzuverweisen, da noch zu prüfen ist, ob § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG 2006 n.F. unter dem Gesichtspunkt der verbundenen Unternehmen die Anwendbar­keit des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. ausschließt (unten 2.).

1. Wortlaut und Systematik des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F., dessen zeitlicher Anwendungsbereich im Streitfall eröffnet ist (dazu unten a), stehen vorliegend dem von der Klägerin begehrten Verlustrücktrag aus 2014 in das Streitjahr 2013 entgegen (unten b). Aus teleologischen Überlegungen folgt nichts anderes (unten c). Dieses Ergebnis ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (unten d).

a) Zu Recht gehen das FG und die Beteiligten davon aus, dass der zeitliche Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. im Streitfall er­öffnet ist. Diese Norm ist gemäß § 27 Abs. 12 Satz 1 UmwStG 2006 n.F. erst­mals auf Umwandlungen und Einbringungen anzuwenden, bei denen die An­meldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register nach dem 06.06.2013 erfolgt. Zwar hat das FG den Tag der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nicht festgestellt. Da der Verschmelzungs­vertrag aber erst am xx.08.2013 geschlossen wurde, kann die Anmeldung nicht vor diesem Tag vorgenommen worden sein.

b) Der von der Klägerin begehrte Verlustrücktrag wird schon durch Wortlaut und Systematik des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. ausgeschlossen.

Nach dieser Regelung ist der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen, nicht ausgegliche­nen negativen Einkünften und einem Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) des übernehmenden Rechtsträgers nicht zu­lässig.

aa) Dem FG und der Klägerin ist zuzugeben, dass diese Norm nicht allgemein sämtliche denkbaren Verlustpositionen erfasst, sondern sich auf die enumera­tive Aufzählung von vier Verlustpositionen beschränkt. Drei dieser Verlustposi­tionen ‑‑verrechenbare Verluste (z.B. § 15a Abs. 3, 4, § 15b Abs. 4, § 20 Abs. 6 Satz 5 bis 7 EStG), verbleibende Verlustvorträge (§ 10d Abs. 4 EStG, auch in Verbindung mit den Normen, die auf § 10d Abs. 4 EStG verweisen) und der Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG)‑‑ sind im Streitfall ersichtlich nicht einschlägig.

bb) Die verbleibende Tatbestandsalternative der "nicht ausgeglichenen negati­ven Einkünfte" erfasst unstreitig die laufenden, noch nicht in eine gesonderte Verlustfeststellung eingegangenen negativen Einkünfte, die der übernehmende Rechtsträger im Veranlagungszeitraum der Verschmelzung erzielt (vgl. Viebrock/Loose, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2013, 1364, 1365; BeckOK UmwStG/Mückl, 29. Ed. [15.07.2024], UmwStG § 2 Rz 1617).

cc) Darauf beschränkt sich der Anwendungsbereich dieser Tatbestandsalterna­tive jedoch nicht. Vielmehr wird auch ein Verlustrücktrag von ihr erfasst (ebenso Erlass des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 18.07.2017, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2017, 1746; Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 2 UmwStG Rz 115; a.A. T. Loose in Brandis/Heuermann, § 2 UmwStG Rz 89; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 2 Rz 196; Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 10. Aufl., § 2 UmwStG Rz 159; BeckOK UmwStG/Mückl, 29. Ed. [15.07.2024], UmwStG § 2 Rz 1655; Drüen/Wöhrle in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 2 UmwStG Rz 171).

(1) Gemäß § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG sind "negative Einkünfte, die bei der Er­mittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden", bis zu einem Höchstbetrag in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeit­raum abzuziehen. "Nicht ausgeglichene negative Einkünfte" bilden also die Grundlage für den in dieser Vorschrift legal definierten und im vorliegenden Verfahren streitigen Verlustrücktrag. Auch § 10d Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (heute § 10d Abs. 1 Satz 5 Halb­satz 2 EStG) verwendet die Formulierung "in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden". Gemäß § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG (ebenso § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG) bilden "nicht ausgeglichene negative Einkünfte", die nicht nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragen wurden, den Verlustvortrag. Seit wie­der ein Verlustrücktrag in den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorange­gangenen Veranlagungszeitraum zulässig ist (§ 10d Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. von Art. 3 Nr. 5 des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 19.06.2022, BGBl I 2022, 911), verwendet auch § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG im Zusammen­hang mit dem Verlustrücktrag die Formulierung "Ausgleich der negativen Ein­künfte". Soweit § 10d Abs. 2 und 4 EStG diese Wendung im Zusammenhang mit dem Verlustvortrag aufnimmt, geschieht dies in Anknüpfung an den Ver­lustrücktrag in § 10d Abs. 1 EStG.

Damit bezieht sich die in § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. enthaltene Tat­bestandsalternative der "nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte" angesichts der begrifflichen Übereinstimmung der beiden Normen erkennbar und eindeu­tig auch auf den in § 10d Abs. 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG) geregel­ten Verlustrücktrag.

Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass die seitens des FA genutzte For­mulierung "(nicht) verrechnete negative Einkünfte" weder in § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. noch in § 10d EStG wörtlich verwendet wird, ist das zwar zutreffend, aber unerheblich.

(2) Hinzu kommt, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. zwar im Zusam­menhang mit den positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers eine zeitliche Beschränkung auf positive Einkünfte "im Rückwirkungszeitraum" ent­hält, eine solche zeitliche Beschränkung bei der im selben Satz nachfolgenden Aufzählung der Verlustpositionen des übernehmenden Rechtsträgers aber ge­rade nicht vorgenommen wurde (vgl. hierzu bereits Urteil des Bundesfinanz­hofs ‑‑BFH‑‑ vom 12.04.2023 ‑ I R 48/20, BFHE 280, 189, BStBl II 2023, 888, Rz 18; a.A. ausdrücklich Neumann-Tomm, DB 2014, 2617, 2620).

(3) Zwar führt ein Teil der Literatur an, § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. untersage nur den "Ausgleich und die Verrechnung" positiver Einkünfte mit den genannten Verlustpositionen, was einen Verlustrücktrag schon deshalb aus dem Anwendungsbereich ausschließe, weil dieser nicht ausgeglichen oder verrechnet werde, sondern einen "Abzug" darstelle (Viebrock/Loose, DStR 2013, 1364, 1366; Ott, GmbH-Steuerpraxis 2017, 289, 294; Ott, Deutsche Steuerzeitung 2018, 524, 533). Dieses Argument greift aber schon deshalb nicht durch, weil auch verbleibende Verlustvorträge ‑‑die unstreitig unter § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. fallen‑‑ nach der in § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG verwendeten Terminologie nicht ausgeglichen oder verrechnet werden, son­dern "abzuziehen" sind und daher die ausdrückliche Erwähnung der verblei­benden Verlustvorträge in § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. leerliefe, wenn sie allein deshalb nicht unter diese Regelung fielen, weil ihre Nutzung in § 10d EStG rechtstechnisch als "Abzug" bezeichnet wird (so auch Neumann-Tomm, DB 2014, 2617, 2620, Fußnote 25). Im Übrigen verwendet jedenfalls § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG in der ab 2022 geltenden Fassung für den Verlustrücktrag neben dem Begriff "Abzug" auch den Begriff "Ausgleich".

c) Dieses sich aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ergebende Auslegungsergebnis wird durch die vom FG und der Klägerin angestellten Überlegungen zum Sinn und Zweck der Norm nicht verdrängt. Vielmehr zeigt die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, dass ihr Zweck weiter reicht als das FG und die Klägerin annehmen.

aa) § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. ist zwar durch das Amtshilfericht­linie-Umsetzungsgesetz angefügt worden, geht aber auf die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 zurück (BTDrucks 17/10604, S. 32; gleichlautend der erneute Entwurf des Bundesrates für ein Jahressteuergesetz 2013, BTDrucks 17/13033, S. 90), der sich der Normzweck entnehmen lässt (so auch bereits BFH-Urteil vom 12.04.2023 ‑ I R 48/20, BFHE 280, 189, BStBl II 2023, 888, Rz 13). Darin heißt es, in jüngster Zeit seien Gestaltungen bekannt geworden, die unter an­derem von Banken modellhaft betrieben würden und zum Ziel hätten, die Be­steuerung von Gewinnen bei Gesellschaften mit hohen stillen Reserven durch die Verrechnung mit steuerlichen Verlusten einer anderen Gesellschaft im Rückwirkungszeitraum zu vermeiden. Dies bringt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber jegliche Verrechnung von Verlusten mit den im Rückwirkungszeitraum erziel­ten positiven Einkünften der übertragenden Gesellschaft verhindern und damit die endgültige Besteuerung dieser Einkünfte sicherstellen wollte. Zwar wird im ersten Satz dieser Gesetzesbegründung nur der Begriff "steuerlicher Verlust­vortrag der Verlustgesellschaft" erwähnt. Aus den nachfolgenden Sätzen der Gesetzesbegründung, in denen nur noch von einer "Verrechnung mit steuerli­chen Verlusten" beziehungsweise der "Verrechnung seiner Verluste" die Rede ist, wird aber deutlich, dass hier keine Beschränkung auf die Nutzung beste­hender Verlustvorträge aus den Vorjahren ‑‑und damit eine Nichtanwendung der Regelung auf die von ihrem Wortlaut erfassten Verlustrückträge‑‑ beabsichtigt war.

Auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung ist zwar von einer "Moneta­risierung von Verlustvorträgen" die Rede (BTDrucks 17/10604, S. 48). Der Verwendung des Begriffs "Verlustvorträge" kann aber schon deshalb keine Be­schränkung des vom Gesetzgeber gewollten Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. entnommen werden, weil der vom Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf von Anfang an nicht nur Verlustvorträge, sondern auch mehrere weitere Verlustpositionen erfasste. Der in einigen Passagen der Gesetzesmaterialien verwendete Begriff "Verlustvorträge" stellt sich danach nicht als eine im engen rechtstechnischen Sinne zu verstehende, abschließen­de Beschreibung des Anwendungsbereichs der Neuregelung dar, sondern le­diglich als Hinweis auf eine ‑‑in der Praxis besonders häufige‑‑ der verschiede­nen von § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. erfassten Fallgruppen.

bb) Soweit die Vorinstanz ihre gegenteilige Auffassung damit begründet hat, der Gesetzgeber habe allein die Nutzbarmachung bereits bestehender oder unmittelbar zu erwartender Verlustpositionen verhindern wollen, findet dies in den Gesetzesmaterialien ‑‑und erst recht im Gesetzeswortlaut‑‑ keine Stütze.

Auch das weitere vom FG für eine teleologische Reduktion herangezogene Ar­gument, von einem Ausschluss des Verlustrücktrags wären auch solche Ver­luste erfasst, die der verschmolzene Rechtsträger in dem auf die Verschmel­zung folgenden Veranlagungszeitraum erzielt habe, die aber im fortgeführten Geschäftsbetrieb des übertragenden Rechtsträgers entstanden seien, so dass dieser sie ohne Weiteres auf seine positiven Einkünfte aus dem Vorjahr hätte zurücktragen können, wenn die Verschmelzung nicht stattgefunden hätte, überzeugt den Senat nicht. Ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Verschmel­zung in das Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers (§ 20 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes ‑‑UmwG‑‑) besteht, worauf das FG selbst zu Recht hingewiesen hat, zivilrechtlich nur noch ein einziger Rechtsträger, dessen Er­gebnisse den beiden an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern nicht mehr zuzuordnen sind. Dann sind aber Überlegungen dazu, welche Verluste ohne Verschmelzung hätten verrechnet werden können, lediglich hypothetisch. Demgegenüber beruht § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. darauf, dass im Rückwirkungszeitraum ‑‑auf die während dieses Zeitraums vom übertragen­den Rechtsträger erzielten positiven Einkünfte ist der Anwendungsbereich der genannten Norm beschränkt‑‑ zivilrechtlich gerade noch kein einheitlicher Rechtsträger existierte. Der übertragende Rechtsträger erlischt nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erst mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsre­gister.

Das FA weist in der Revisionsbegründung ‑‑nach Auffassung des Senats zu­treffend‑‑ darauf hin, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. seinen ‑‑vor­stehend unter aa dargestellten‑‑ Normzweck nur unzureichend erfüllen könn­te, wenn lediglich verbleibende Verlustvorträge sowie ein im Veranlagungszeit­raum der Verschmelzung eingetretener laufender Verlust, nicht aber Verlust­rückträge vom Anwendungsbereich erfasst wären. Denn dann träte die vom Gesetzgeber in Fällen der Verschmelzung auf eine Verlustgesellschaft gewollte Besteuerung von im Rückwirkungszeitraum erzielten positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers unter Umständen nur vorläufig und kurzfristig ein, könnte aber mit einem Verlustrücktrag aus im Folgejahr entstandenen Verlusten ohne Weiteres wieder rückgängig gemacht werden.

cc) Im Übrigen ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine te­leologische Reduktion nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetz­geber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint, was hier nach Auffassung des Senats noch nicht einmal der Fall ist. Vielmehr kommt ei­ne teleologische Reduktion grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die auf den Gesetzeswortlaut gestützte Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt (vgl. ‑‑jeweils zu § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006‑‑ BFH-Urteile vom 22.10.2015 ‑ IV R 37/13, BFHE 252, 68, BStBl II 2016, 919, Rz 24, und vom 17.08.2023 ‑ III R 37/20, BFHE 281, 345, BStBl II 2024, 16, Rz 37). Davon kann in Bezug auf die Einbeziehung von Verlustrückträgen in den Anwen­dungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. keine Rede sein.

Daher hat schon der I. Senat des BFH ‑‑nach Auffassung des erkennenden Se­nats zutreffend‑‑ entschieden, dass der eindeutige Wortlaut des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. eine teleologische Reduktion auf Fälle, in denen eine steuergestalterische Missbrauchsabsicht feststellbar ist, nicht zulässt. Er hat dabei auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die es bereiten würde, im Ge­setzeswortlaut mögliche Missbrauchsfälle abgrenzbar zu beschreiben (ausführ­lich BFH-Urteil vom 12.04.2023 ‑ I R 48/20, BFHE 280, 189, BStBl II 2023, 888, Rz 12 ff.).

d) Anders als das FG es angedeutet hat und von Teilen der Literatur ‑‑jeweils ohne Auseinandersetzung mit den maßgebenden verfassungsrechtlichen Aus­legungsgrundsätzen‑‑ vertreten wird (Mückl, GmbH-Rundschau 2013, 1084, 1086; BeckOK UmwStG/Mückl, 29. Ed. [15.07.2024], UmwStG § 2 Rz 1549; Drüen/Wöhrle in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 2 UmwStG Rz 170a), steht Art. 3 Abs. 1 GG der vom Senat vorgenommenen Gesetzes­auslegung nicht entgegen.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ (vgl. zuletzt ausführlich ‑‑auch zum Folgenden‑‑ Beschluss vom 28.11.2023 ‑ 2 BvL 8/13, DStR 2024, 155, Rz 139 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen) gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Aus­wahl muss er jedoch sachgerecht treffen. Dabei ergeben sich je nach Rege­lungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen am Grundsatz der Verhältnismäßig­keit orientierten Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den Gesetz­geber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhält­nismäßigkeitserfordernisse reichen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Aus­maß der Ungleichbehandlung angemessen sind.

Im Steuerrecht bindet Art. 3 Abs. 1 GG den Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Der steuerrechtliche Ausgangstatbestand muss folgerichtig ‑‑im Sinne von belastungsgleich‑‑ ausgestaltet werden. Aus­nahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung bedürfen ei­nes besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag.

Dabei betont das BVerfG, dass das Einkommensteuerrecht ‑‑nichts anderes kann für das Körperschaftsteuerrecht gelten‑‑ auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen (Subjektsteuerprinzip) hin ausgelegt ist (BVerfG-Beschluss vom 28.11.2023 ‑ 2 BvL 8/13, DStR 2024, 155, Rz 139, m.w.N.).

bb) Bei der verfassungsrechtlichen Betrachtung kann nicht außer Acht gelas­sen werden, dass der Steuerpflichtige frei darin ist, die durch das Umwand­lungsgesetz und das Umwandlungssteuergesetz ‑‑in Abweichung vom ansons­ten systemprägenden Subjektsteuerprinzip‑‑ eröffneten Gestaltungsmöglich­keiten zu nutzen oder auch nicht zu nutzen. Er kann die Verschmelzung unter­lassen, so dass jede Gesellschaft die von ihr erzielten Gewinne mit den von ihr erlittenen Verlusten nach den allgemeinen Regelungen ohne die in § 2 Abs. 4 UmwStG 2006 n.F. angeordneten Einschränkungen ausgleichen kann und das Prinzip der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit verwirklicht wird.

Die Gesellschafter können sich auch dafür entscheiden, nicht eine Gewinnge­sellschaft auf eine Verlustgesellschaft, sondern umgekehrt eine Verlustgesell­schaft auf eine Gewinngesellschaft zu verschmelzen. Zwar bliebe ein Rücktrag künftig erzielter Verluste auf das Verschmelzungsjahr und deren Verrechnung mit Gewinnen des Rückwirkungszeitraums ‑‑anders als im Fall der Verschmel­zung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft‑‑ zulässig. Umgekehrt gingen aber die bei der Verlustgesellschaft vorhandenen Verlustpositionen von vorn­herein nicht auf die Gewinngesellschaft über und wären steuerlich endgültig verloren (§ 12 Abs. 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006), oh­ne dass dies bisher verfassungsrechtlich beanstandet worden wäre. Es bleibt dabei, dass es sich um eine freie Entscheidung des Steuerpflichtigen handelt, welche dieser Gestaltungsvarianten er wählt. Wenn es ihm auf die Fortführung von Altverlusten zur Verrechnung mit künftig entstehenden Gewinnen an­kommt, wird er die Variante der Verschmelzung einer Gewinngesellschaft auf die Verlustgesellschaft wählen. Wenn es ihm darauf ankommt, künftig erwar­tete Verluste möglichst unbeschränkt zurücktragen zu können, wird er die Va­riante der Verschmelzung einer Verlustgesellschaft auf eine Gewinngesellschaft wählen. Letztlich sind die beiden vom Gesetzgeber unter Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten nicht miteinander vergleichbar und jeweils auf unterschiedliche Situationen zugeschnitten.

cc) Im Übrigen ist der Gesetzgeber hier nach Auffassung des Senats frei darin, die von ihm in Abweichung vom sachenrechtlichen Wirksamkeitszeitpunkt der Verschmelzung angeordnete steuerliche Rückwirkung in Teilbereichen einzu­schränken und dadurch insoweit zur ‑‑auch in anderen Bereichen geltenden‑‑ grundsätzlichen Maßgeblichkeit der sachenrechtlichen Betrachtung auch für das Steuerrecht zurückzukehren.

(1) Das Ertragsteuerrecht knüpft Rechtsfolgen regelmäßig nicht bereits an eine bloße ‑‑gegebenenfalls rückwirkende‑‑ schuldrechtliche Vereinbarung, sondern erst an ihren dinglichen Vollzug. So sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑), sofern nicht ausnahmsweise ein anderer als der Eigentümer die tat­sächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwir­kung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Bei einem Verkaufsvorgang ist ein Gewinn nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (Realisationsprinzip) nicht schon mit Abschluss des Kaufvertrags realisiert, sondern erst dann, wenn das Wirtschaftsgut aus­geliefert ist (BFH-Urteil vom 08.09.2005 ‑ IV R 40/04, BFHE 211, 206, BStBl II 2006, 26, unter I.1., m.w.N.) und damit mindestens der Besitz, eine sachen­rechtliche Position, übergegangen ist.

Insbesondere bei der Veräußerung von Grundstücken wird zwar regelmäßig auf den ‑‑vereinbarten‑‑ Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Gefahr, Nutzun­gen und Lasten abgestellt. Auch hier ist aber eine bloße schuldrechtliche Ver­einbarung, wonach dies auf einen Zeitpunkt vor dem Abschluss des maßgebli­chen Übertragungsvertrags zurückbezogen werden soll, ertragsteuerrechtlich nicht anzuerkennen (Senatsurteil vom 06.12.2018 ‑ X R 11/17, BFHE 263, 203, BStBl II 2021, 899, Rz 22 f., m.w.N.).

(2) Sachenrechtlich (dinglich) geht das Vermögen des übertragenden Rechts­trägers erst im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das (Han­dels‑)Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers auf diesen über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 08.09.2020 ‑ X R 36/18, BFHE 270, 418, BStBl II 2021, 359, Rz 29, m.w.N.). Schuldrecht­lich ermöglicht § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG eine Rückwirkung in der Weise, dass die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister liegenden Stichtag aufgestellt werden darf.

(3) § 2 Abs. 1 UmwStG 2006 knüpft für bestimmte steuerrechtliche Zwecke (Ermittlung des Einkommens und Vermögens der übertragenden Körperschaft und des übernehmenden Rechtsträgers) ausnahmsweise nicht an den dingli­chen Vollzug, sondern an die schuldrechtliche Rückwirkung an. Mit dieser steuerrechtlichen Rückwirkung werden lediglich Vereinfachungszwecke ver­folgt. So soll vermieden werden, dass die übertragende Körperschaft auf den konkreten Tag des dinglichen Wirksamwerdens des Vermögensübergangs eine spezielle handelsrechtliche sowie gegebenenfalls zusätzliche steuerrechtliche Umwandlungsbilanz erstellen muss (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.2018 ‑ I R 27/16, BFHE 261, 1, BStBl II 2018, 449, Rz 19, unter Wiedergabe der ein­schlägigen Gesetzesmaterialien; Senatsurteil vom 08.09.2020 ‑ X R 36/18, BFHE 270, 418, BStBl II 2021, 359, Rz 33).

(4) Die in § 2 Abs. 1 UmwStG 2006 angeordnete steuerrechtliche Rückwirkung wird durch § 2 Abs. 4 UmwStG 2006 eingeschränkt, sofern bestimmte Verlust­positionen beim übertragenden Rechtsträger (§ 2 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG 2006) oder beim übernehmenden Rechtsträger (§ 2 Abs. 4 Satz 3 bis 6 UmwStG 2006 n.F.) vorhanden sind. Insoweit gilt dann wieder die allgemei­ne Anknüpfung ertragsteuerrechtlicher Rechtsfolgen an den dinglichen Vollzug eines Geschäfts, so dass diese Rechtsfolgen einer Verschmelzung erst im Zeit­punkt ihrer Eintragung in das Handelsregister eintreten.

(5) Knüpft aber das Ertragsteuerrecht grundsätzlich an den (dinglichen) Voll­zug zivilrechtlicher schuldrechtlicher Vereinbarungen an, dann wird dem ver­fassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit durch eine Umsetzung dieses Grundsatzes in besonderer Weise Rechnung getragen. § 2 Abs. 1 UmwStG 2006 enthält aus Vereinfachungsgründen eine Abweichung von diesem Grund­satz. Diese Abweichung könnte der Gesetzgeber ohne Weiteres ganz abschaf­fen, ohne mit Art. 3 Abs. 1 GG in Konflikt zu geraten. Dann kann er aber auch die Reichweite der von den allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Regeln abwei­chenden Anknüpfung an eine bloß schuldrechtlich vereinbarte Rückwirkung in einem Teilbereich ‑‑hier: in Bezug auf die Verlustverrechnung‑‑ lediglich ein­schränken und dadurch insoweit zu einem Gleichlauf mit den allgemeinen Re­geln zurückkehren. Eine Grenze läge lediglich darin, dass eine solche Ein­schränkung ihrerseits nicht gleichheits- und sachwidrig sein darf, wofür hier aber nichts ersichtlich ist.

dd) Zu berücksichtigen ist auch, dass der im Folgejahr entstehende Verlust nicht etwa vollständig vom Abzug ausgeschlossen ist. Vielmehr ist lediglich ein Verlustrücktrag in den Rückwirkungszeitraum ausgeschlossen; ein Verlustab­zug in künftigen Veranlagungszeiträumen bleibt hingegen gemäß § 10d Abs. 2 EStG möglich (vgl. auch van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 2 Rz 196, Fußnote 3).

ee) Auch der I. Senat des BFH hat die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. bereits bejaht (BFH-Urteil vom 12.04.2023 ‑ I R 48/20, BFHE 280, 189, BStBl II 2023, 888, Rz 19). Der erkennende Senat tritt dem I. Senat insbesondere darin bei, dass es sich bei der durch das Um­wandlungssteuergesetz bewirkten Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips um eine wirtschaftspolitisch motivierte Steuervergünstigung handelt, so dass der Gesetzgeber einen weiten Spielraum hat, ob und unter welchen Vorausset­zungen er die Vergünstigung einräumen will.

2. Die Sache ist allerdings an die Vorinstanz zurückzuverweisen, da diese ‑‑aus ihrer Sicht folgerichtig‑‑ nicht geprüft hat, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG 2006 n.F. vorliegen.

Nach dieser Regelung gilt (unter anderem) § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 n.F. nicht, wenn übertragender Rechtsträger und übernehmender Rechtsträger vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags verbundene Unternehmen im Sinne des § 271 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (hier noch i.d.F. vor der Änderung durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen sowie zur Änderung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes vom 19.06.2023, BGBl. 2023 I Nr. 154) sind.

Hierfür könnten sich im Streitfall Anhaltspunkte aus einer in der Rechtsbehelfsakte enthaltenen "Konzernübersicht" ergeben (…).

3. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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