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Bundestag: Betriebsrentenstärkungsgesetz als ersten Schritt bewertet

Deutscher Bundestag, Kurzmeldung hib 599/2025 vom 11.11.2025

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze“ (Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz) (21/1859) wird von Sachverständigen als Beitrag zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung angesehen. Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag wurden jedoch weitergehende Schritte angemahnt.

Der Gesetzentwurf eröffnet laut Bundesregierung neue Möglichkeiten, „damit auch nichttarifgebundene und damit häufig kleinere Unternehmen und ihre Beschäftigten an dieser Form einfacher, effizienter und sicherer Betriebsrenten teilnehmen können“. Des Weiteren werde das Abfindungsrecht flexibilisiert. Der vorzeitige Bezug von Betriebsrenten werde an das neue Hinzuverdienstrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. Dies sorge für eine „erhebliche Vereinfachung und Entbürokratisierung der betrieblichen Altersversorgung“, heißt es.

Im Steuerrecht soll die Förderung der Betriebsrenten von Beschäftigten mit geringerem Einkommen über den Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung (BAV-Förderbetrag) verbessert werden. Außerdem soll den Pensionskassen vor dem Hintergrund des neuen Hinzuverdienstrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung gestattet werden, höhere Zahlungen bei vorzeitigem Leistungsbezug zu vereinbaren.

Lutz Mühl vom Bundesarbeitgeberverband Chemie bewertete es als positiv, dass Branchen, die sich über einen Tarifvertrag einem bestehenden Betriebsrentenmodell anschließen und die Organisations- und Durchführungsmöglichkeiten verwenden, sich selbst nicht mehr an der Durchführung zu beteiligen haben. Das sei eine hilfreiche Klarstellung. „Wir praktizieren das bisher schon so mit den Branchen, die sich uns angeschlossen haben“, sagte er. Aktuell bedürfe das aber eines äußerst komplizierten Vertragswerkes.

Was die Ausweitung der Möglichkeiten zur Abfindung von Kleinstanwartschaften angeht, so bleibt der Entwurf laut Mühl hinter dem Möglichen zurück. Wie auch der Normenkontrollrat in seiner Stellungnahme spricht sich der Bundesarbeitgeberverband Chemie für eine Erhöhung der Grenze für Abfindungen ohne Zustimmung auf zwei Prozent aus.

Der Gesetzentwurf gehe in die richtige Richtung, sei aber „kein großer Wurf“, befand Beate Petry von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung. Nötig wäre es aus ihrer Sicht, die Doppelverbeitragung abzuschaffen und die Sozialversicherungsgrenze an die Steuerfreiheitsgrenze anzupassen. Bei der Geringverdiener-Förderung sei die Dynamisierung und Erhöhung der Förderung der richtige Weg. Noch besser wäre es aus ihrer Sicht, „wenn auch der Förderbetrag für die Arbeitgeber erhöht würde“.

Dina Frommert von der Deutschen Rentenversicherung Bund äußerte sich unter anderem zur geplanten Ausweitung und Verstetigung der Online-Sozialversicherungswahlen. Die Forderung nach einer elektronischen Stimmabgabe habe die Deutsche Rentenversicherung Bund immer unterstützt, sagte sie. „Wir halten die Möglichkeit der Online-Wahl für eine echte Innovation“, sagte Frommert. Dies zeige, dass die Verwaltung digitalisiert und modernisiert werden könne. Über die eigentliche Wahlhandlung hinaus könne dies Selbstverwaltungen sichtbarer machen. Es könne auch jüngere Wählergruppen an die Rentenversicherung und an die Selbstverwaltung heranführen, sagte sie.

Alexander Gunkel von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sprach sich dafür aus, den Zugang zum Sozialpartnermodell deutlich stärker zu öffnen. Um die Chance der reinen Beitragszusage möglichst vielen Arbeitgebern und Beschäftigten zu eröffnen, müsse die Bezugnahme auf ein bestehendes Sozialpartnermodell „auch für Unternehmen aus Branchen anderer Gewerkschaftsorganisationen möglich sein“, forderte er. Ohne eine solche Öffnung bestehe die Gefahr, dass für einen Großteil der Beschäftigten in Deutschland auch weiter keine reine Beitragszusage möglich ist, weil die Mehrheit der Gewerkschaften bislang kein Sozialpartnermodell vereinbart habe.

Die neue Form der Betriebsrente sollte auf keinen Fall ohne Tarifvertrag möglich sein, machte Ingo Schäfer vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) deutlich. Davon halte er nichts, sagte er. Gebe es keine Tarifverträge, habe der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Kofinanzierung des Arbeitgebers und kein Mitspracherecht bei dem ausgewählten Produkt. Schäfer forderte einen Pflichtanteil der Arbeitgeber, der jährlich mit der Lohnentwicklung angepasst werden sollte. Außerdem sollten Arbeitgeber ohne Ausnahme bei der Entgeltumwandlung eingesparte Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe an die Beschäftigten weitergeben oder in die Versorgung der Beschäftigten einzahlen müssen.

Die Einzelsachverständige Ute Klammer, Professorin am Institut für Soziologie der Universität Duisburg-Essen, begrüßte es, dass der Gesetzentwurf eine Evaluation für 2030 beinhalte. Sie hält es nach eigener Aussage für nicht ausgeschlossen, dass man dann auch über ein Obligatorium bei der Betriebsrente als sinnvolle Lösung sprechen müsse, wie man es aus vielen anderen europäischen Ländern schon kenne. Mit Blick auf die Möglichkeit der Ratenauszahlung der erworbenen Ansprüche sagte sie: Oberstes Ziel solle es sein, das „Langlebigkeitsrisiko“ abzudecken. Das erfolge durch eine Verrentung der Ansprüche statt durch eine Auszahlung.

Im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen sei im Bereich der Betriebsrenten bislang relativ wenig erreicht worden, sagte Gesa Bruno-Latocha von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Das hänge mit der „sehr schlechten Tarifbindung“ zusammen. Die Lösung des Problems finde sich bei einem Blick in die Nachbarländer. Diese nutzten in der Regel das Instrument der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen. In Deutschland gebe es leider eine sehr lang tradierte Blockade „dieses international sehr bewährten Instrumentes“, sagte die GEW-Vertreterin.

Quelle: bundestag.de

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