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BFH: Steuerbefreiung von in einem Krankenhaus erbrachten medizinischen Leistungen

  1. § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist auch auf Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin anzuwenden, die ein Arzt in einem Krankenhaus durchführt.
  2. Zur Frage, ob Heil- und Krankenhausbehandlungsleistungen, die ein Arzt erbringt, der die unternehmerbezogenen Anforderungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nicht erfüllt, nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei sein können.

UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a und b
MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c

BFH-Urteil vom 19.12.2024, V R 10/22 (veröffentlicht am 17.4.2025)

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 17.5.2022, 4 K 119/18 = SIS 22 13 73

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, deren Firma im Jahr 2009 (Streitjahr) das Wort "Klinik" enthielt. Sie bot Behandlungen im Be­reich der ästhetisch-plastischen Chirurgie an. Geschäftsführer und Alleingesell­schafter der Klägerin war der Arzt Dr. A.

Im Streitjahr wurde die Klägerin in unterschiedlicher Weise tätig. Zum einen wurde eine Sprechstunde in Räumlichkeiten eines Krankenhauses durchge­führt, wo auch die Operation und der stationäre Aufenthalt erfolgten. Der Pati­ent erhielt eine Rechnung der Klägerin. Diese wiederum erteilte dem Kranken­haus eine Gutschrift über das Nutzungsentgelt für die von ihr bezogenen Leis­tungen (zum Beispiel Aufenthalt, Anästhesie, ärztlicher Bereitschaftsdienst, Nachbehandlungen). Zum anderen wurde eine Sprechstunde in einem Kran­kenhaus durchgeführt, während die Operation und der stationäre Aufenthalt im Rahmen einer eigenen Krankenhauskonzession der Klägerin in einem ande­ren Krankenhaus erfolgten. Der Patient erhielt eine Rechnung der Klägerin, die Klägerin wiederum erhielt eine Rechnung des anderen Krankenhauses für den Aufenthalt des Patienten sowie eine Rechnung des Anästhesisten über dessen Leistungen. Schließlich wurde eine Sprechstunde in einem Krankenhaus durch­geführt, in dem auch die Operation und der stationäre Aufenthalt erfolgten, und stellte die Klägerin dem Patienten eine Rechnung, während sie selbst eine Rechnung des Krankenhauses für den Aufenthalt des Patienten und eine Rech­nung des Anästhesisten erhielt.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr, die nach § 168 der Abga­benordnung einer Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand, erklärte die Klägerin ausschließlich steuerfreie Umsätze. Anlässlich einer Außenprüfung für andere Jahre erließ der Beklagte und Revisionskläger (Fi­nanzamt ‑‑FA‑‑) im Jahr 2013 einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, mit dem er ‑‑unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen‑‑ Umsatzsteuer in Höhe von 6.024,82 € festsetzte, da nur ein Teil der erbrachten Leistungen me­dizinisch indiziert gewesen sei.

Während des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens verständigten sich die Klägerin und das FA im Oktober 2017 im Rahmen eines einen früheren Be­steuerungszeitraum betreffenden Klageverfahrens dahingehend, dass ein be­stimmter Anteil der Umsätze der Klägerin medizinisch indiziert gewesen sei und hierauf bestimmte Vorsteuerbeträge entfielen. Beide hielten "für die Zu­kunft" ein bestimmtes, im Einzelnen festgelegtes Vorgehen zur Schätzung des medizinisch indizierten Anteils der Umsätze und entsprechender Vorsteuerbe­träge grundsätzlich für sachgerecht, wobei dies ab dem Besteuerungszeitraum 2009 "unter dem Vorbehalt einer Prüfung des Sachverhalts anhand der geän­derten Rechtslage" stehe.

Daraufhin teilte das FA der Klägerin mit, dass zwar auf Basis dieser tatsächli­chen Verständigung die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 3.012,28 € herab­zusetzen wäre. Indes fielen die Umsätze der Klägerin nicht unter die Steuerbe­freiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der durch das Jahressteuergesetz 2009 (BGBl I 2008, 2794) geänderten und im Streitjahr geltenden Fassung (UStG), da die Klägerin als GmbH Schuldnerin der ärztli­chen Leistungen sei und nicht ihr Alleingesellschafter und Geschäftsführer als Arzt. Ebenso sei eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG zu ver­sagen, da die Klägerin die dort genannten Voraussetzungen nicht erfülle. Demgemäß versagte das FA in seiner Einspruchsentscheidung die Steuerbe­freiung für sämtliche Umsätze der Klägerin und setzte ‑‑unter Berücksichti­gung von Vorsteuerbeträgen‑‑ die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 17.212,67 € herauf.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage, mit der sie die Festsetzung der Umsatz­steuer für das Streitjahr auf 3.012,28 € begehrte. In einem anlässlich des Kla­geverfahrens durchgeführten Erörterungstermin erklärten die Beteiligten, an der tatsächlichen Verständigung über den Anteil der medizinisch indizierten Leistungen und der hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge auch für das Streit­jahr festhalten zu wollen. Der Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 1497 veröffentlichten Urteil statt. Die streitigen Leistungen der Klägerin seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei, soweit sie medizinisch indiziert gewesen seien. Der Alleingesell­schafter und Geschäftsführer der Klägerin, der die Leistungen durchgeführt habe, sei als Arzt hinreichend qualifiziert. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Heilbehandlung seien in dem Umfang anzunehmen, in dem die Beteiligten im Rahmen ihrer "tatsächlichen Verständigung" hierüber Einvernehmen erzielt hätten. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG werde bei unions­rechtskonformer Auslegung nicht durch § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, dessen Vo­raussetzungen "nach Aktenlage" nicht vollständig dargetan sein dürften, ver­drängt, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ medizinisch indizierte Heilbehandlungen von einem Arzt durchgeführt würden. Auf den Ort der Heilbehandlungsleistung komme es insoweit nicht an. Im Streitfall habe die Klägerin gegenüber ihren Patienten sämtliche Leistungen selbst erbracht und sich im Innenverhältnis auf Grundlage entsprechender Vereinbarungen der Infrastruktur (Räumlichkeiten, ärztlicher Bereitschaftsdienst, ambulante Nachbetreuungen) der jeweiligen Krankenhäuser bedient. Zwar sprächen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass solche Leistungsbündel als Krankenhausbehandlungen im Sinne von § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG anzusehen seien. Gleichwohl sei aber eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht ausgeschlossen. Im Übrigen könne dahinge­stellt bleiben, ob das FA im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren einen Verböserungshinweis erteilt habe, da die Klägerin materiell-rechtliche Einwen­dungen nicht nur gegen die Verböserung, sondern auch gegen die ursprünglich angefochtene Festsetzung erhoben habe.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG ha­be zu Unrecht die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG gewährt, da diese Vorschrift nicht neben § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, der allein für die Leis­tungen der Klägerin in Betracht komme, anzuwenden sei. Indes seien dessen Voraussetzungen ebenso wenig wie diejenigen seiner unionsrechtlichen Grund­lage im Streitfall erfüllt. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europä­ischen Union (EuGH) ergebe sich nicht, dass Heilbehandlungen in einem von einem Arzt betriebenen Krankenhaus regelmäßig nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei seien. Die bisherigen Entscheidungen des EuGH und des Bun­desfinanzhofs (BFH) beträfen Steuerpflichtige, die ‑‑anders als die Klägerin‑‑ jeweils keine in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG genannten Einrichtungen gewesen seien. Der EuGH habe im Übrigen in seinem Urteil I vom 07.04.2022 ‑ C‑228/20, EU:C:2022:275 eine Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) als unionsrechtliche Grundlage von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht in Betracht gezogen. Die Auslegung des FG redu­ziere den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG auf die Befreiung der mit Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen eng ver­bundenen Umsätze, da Krankenhausbehandlungen und medizinisch indizierte ärztliche Heilbehandlungen bereits nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei wären. Das FG hätte nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage ermitteln und entscheiden müssen, ob Leistungen eines Krankenhauses im Fall der Klägerin vorlagen.

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie stützt die Auffassung des FG, wonach beide Befreiungsvorschriften neben­einander anwendbar seien. Die Steuerbefreiung der hier in Rede stehenden, nach der tatsächlichen Verständigung medizinisch indizierten Leistungen erge­be sich jedenfalls aus § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, da sie, die Klägerin, die Heil­behandlungen nicht als Krankenhaus ausführe, sondern in fremden Kranken­häusern erbringe.

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzge­richtsordnung ‑‑FGO‑‑). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass Leis­tungen eines Arztes in einem Krankenhaus nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfrei sein können und dem nicht entgegensteht, dass die ärztlichen Heilbehandlungsleistungen durch eine GmbH erbracht worden sind. Beschrän­ken sich aber die Leistungen ‑‑wie im Fall der Klägerin‑‑ nicht auf die Erbrin­gung einer ärztlichen Heilbehandlungsleistung, sondern umfassen sie zudem auch den stationären Krankenhausaufenthalt, ist § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG hierauf bezogen zu prüfen, was das FG rechtsfehlerhaft versäumt hat. Die Prüfung, ob diese Leistungen steuerfrei sind, kann in einem Revisionsver­fahren nicht nachgeholt werden.

1. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sind steuerfrei "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt (...) durchgeführt werden". Unionsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Danach sind "Heilbehandlungen im Be­reich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betref­fenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchge­führt werden", steuerfrei.

2. In Bezug auf die Abgrenzung von § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG zu § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG, der "Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen" befreit und der unionsrechtlich auf dem insoweit wortlaut­gleichen Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL beruht, hat der EuGH bereits entschieden, dass Heilbehandlungsleistungen, die von einem Facharzt für klini­sche Chemie und Laboratoriumsdiagnostik erbracht werden, unter die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL vorgesehene Befreiung von der Mehr­wertsteuer fallen können, wenn sie nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL erfüllen (EuGH-Urteil Peters vom 18.09.2019 ‑ C‑700/17, EU:C:2019:753, erste Antwort). Auf den Ort, an dem diese Leistungen erbracht werden, kommt es nicht an (EuGH-Ur­teile Peters vom 18.09.2019 ‑ C‑700/17, EU:C:2019:753, Rz 29 und X vom 05.03.2020 ‑ C‑48/19, EU:C:2020:169, Rz 21).

Dem hat sich der BFH angeschlossen und entschieden, dass die Steuerbefrei­ung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG für medizinische Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik bei unions­rechtskonformer Auslegung nicht durch § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppel­buchst. bb UStG verdrängt wird (BFH-Urteil vom 18.12.2019 ‑ XI R 23/19 (XI R 23/15), BFHE 267, 571, BStBl II 2023, 984, 1. Leitsatz; BFH-Beschluss vom 07.07.2022 ‑ V R 10/20, BFHE 276, 445, Rz 16; vgl. auch BFH-Urteile vom 21.04.2021 ‑ XI R 12/19, BFHE 273, 334, Rz 26 und 30 sowie vom 18.10.2023 ‑ XI R 18/20, BFH/NV 2024, 927, Rz 32 bis 35), und damit seine frühere, dem entgegenstehende Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 15.03.2007 ‑ V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31 und vom 24.08.2017 ‑ V R 25/16, BFHE 259, 171, BStBl II 2023, 982) aufgegeben (BFH-Beschluss vom 07.07.2022 ‑ V R 10/20, BFHE 276, 445, Rz 16).

3. Demgemäß ist § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG auch auf Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin anzuwenden, die ein Arzt ‑‑gleich in welcher Rechtsform er tätig ist (EuGH-Urteil Kügler vom 10.09.2002 ‑ C‑141/00, EU:C:2002:473, erste Antwort; BFH-Urteil vom 18.10.2023 ‑ XI R 18/20, BFH/NV 2024, 927, Rz 34 f.; vgl. auch BFH-Urteil vom 22.04.2004 ‑ V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849, unter II.1.a)‑‑ in einem Krankenhaus durchführt. Insbesondere wird § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG nicht durch § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG verdrängt, wenn ein Arzt eigenständige Heilbehand­lungsleistungen als Subunternehmer eines Krankenhausbetreibers in einem Krankenhaus erbringt, selbst wenn er nicht die ‑‑unternehmerbezogenen‑‑ An­forderungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG erfüllt (vgl. BFH-Urteil vom 18.10.2023 ‑ XI R 18/20, BFH/NV 2024, 927, Rz 33 bis 35), oder wenn ein Be­legarzt in einem Krankenhaus selbständig tätig ist und eigenständige Heilbe­handlungsleistungen erbringt (BFH-Urteile vom 23.01.2019 ‑ XI R 15/16, BFHE 263, 543, Rz 45 und vom 18.08.2011 ‑ V R 27/10, BFHE 235, 58, Rz 28).

4. Im Streitfall hat das FG zwar diesen Grundsätzen entsprechend entschie­den, dass die ärztlichen Heilbehandlungsleistungen, welche die Klägerin unter Einsatz ihres Geschäftsführers ‑‑eines Arztes‑‑ erbracht hat, entgegen der Rechtsauffassung des FA auch dann nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei sein können, wenn diese in den Räumlichkeiten eines Krankenhauses erbracht wurden. Gleichwohl ist die Entscheidung des FG aufzuheben, da es nicht be­dacht hat, dass sich die Leistungen der Klägerin nach Maßgabe seiner Feststel­lungen nicht auf die Erbringung ärztlicher Heilbehandlungsleistungen be­schränkten, sondern ‑‑wie bei von einem Krankenhaus erbrachten Leistun­gen‑‑ auch den stationären Krankenhausaufenthalt umfassten. Damit hat das FG seiner Prüfung nur den Heilbehandlungsanteil, nicht aber auch den ‑‑zu­dem von der Klägerin mit diesem einheitlich abgerechneten‑‑ Krankenhausbe­handlungsteil zugrunde gelegt. Die demgegenüber erforderliche, aber unter­bliebene Prüfung der Gesamtheit der von der Klägerin erbrachten Leistungen kann in einem Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.

5. Seiner Entscheidung im zweiten Rechtsgang wird das FG Folgendes zugrun­de zu legen haben:

a) Das FG hat vorrangig zu entscheiden, ob es sich bei den Leistungen der Klägerin um eine einheitliche Leistung oder um mehrere selbständig erbrachte Leistungen handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ist bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen um­fasst, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder meh­rere getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers die charak­teristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Ande­rerseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind. Dabei liegt zum einen ei­ne einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder anderen Einzelleistun­gen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers un­ter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlun­gen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng mit­einander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirt­schaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. EuGH-Urteil Frenetikexito vom 04.03.2021 ‑ C‑581/19, EU:C:2021:167, Rz 37 bis 42; BFH-Urteile vom 14.02.2019 ‑ V R 22/17, BFHE 264, 83, BStBl II 2019, 350, Rz 15 ff.; vom 16.03.2023 ‑ V R 17/21, BFH/NV 2023, 965, Rz 18 und vom 18.01.2024 ‑ V R 4/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2024, 1033, Rz 15).

b) Liegt danach eine einheitliche Leistung vor, wird das FG Folgendes zu be­achten haben:

aa) Die einheitliche Leistung unterliegt hinsichtlich der Mehrwertsteuer dersel­ben Regelung (EuGH-Urteil Finanzamt X vom 04.05.2023 ‑ C‑516/21, EU:C:2023:372, Rz 36), so dass eine Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.2024 ‑ V R 4/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2024, 1033, Rz 26), zumal es vorliegend an einer gesetzlichen Anordnung in Bezug auf eine teilweise Steuerfreiheit fehlt, wie sie sich noch aus dem bis zum 31.12.2008 geltenden § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG ergab, wonach die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses mit Ausnahme der ärzt­lichen Leistungen nur unter den für Krankenhäusern vorgesehenen Bedingun­gen steuerfrei waren und somit trotz Annahme einer einheitlichen Leistung ‑‑jedenfalls auf Grundlage des nationalen Rechts‑‑ eine teilweise Steuerfreiheit für den Heilbehandlungsanteil in Betracht kam.

bb) In Bezug auf eine mögliche Steuerfreiheit einer einheitlichen Leistung ist wie folgt zu unterscheiden:

(1) Ergibt sich die einheitliche Leistung aus der Annahme einer Haupt- mit ei­ner Nebenleistung, liegt eine Steuerfreiheit vor, wenn die Hauptleistung steu­erfrei ist, da im Rahmen einer solchen wirtschaftlich einheitlichen Leistung die Nebenleistung das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt (vgl. EuGH-Urteile Mailat vom 19.12.2018 ‑ C‑17/18, EU:C:2018:1038, Rz 41 und Finanzamt X vom 04.05.2023 ‑ C‑516/21, EU:C:2023:372, Rz 31; BFH-Urteile vom 06.09.2007 ‑ V R 14/06, BFH/NV 2008, 624, unter II.3.; vom 24.01.2008 ‑ V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.; vom 04.07.2013 ‑ V R 8/10, BFHE 242, 271, BStBl II 2015, 969, Rz 32; vom 21.06.2017 ‑ V R 3/17, BFHE 259, 140, BStBl II 2018, 372, Rz 30; vom 05.09.2019 ‑ V R 57/17, BFHE 266, 430, BStBl II 2020, 356, Rz 41; BFH-Beschluss vom 17.08.2023 ‑ V R 7/23 (V R 22/20), BFHE 282, 52, Rz 17 und 20).

(2) Handelt es sich um einen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, kommt ‑‑ebenso wie bei einer Steuer­satzermäßigung‑‑ keine Steuerfreiheit in Betracht, wenn bei einer derart kom­plexen Leistung zwei oder mehrere Leistungsbestandteile gleichwertige Ele­mente dieser Leistung darstellen, die nicht einheitlich die Voraussetzungen entweder einer Steuerbefreiung oder einer einheitlichen Steuersatzermäßigung erfüllen (vgl. zur Steuersatzermäßigung EuGH-Urteil Baštová vom 10.11.2016 ‑ C‑432/15, EU:C:2016:855, Rz 75 und BFH-Urteile vom 10.01.2013 ‑ V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 43; vom 13.06.2018 ‑ XI R 2/16, BFHE 262, 187, BStBl II 2018, 678, Rz 12; vom 14.02.2019 ‑ V R 22/17, BFHE 264, 83, BStBl II 2019, 350, Rz 30 sowie zur Steuerfreiheit EuGH-Urteil Deutsche Bank vom 19.07.2012 ‑ C‑44/11, EU:C:2012:484, Rz 27 f. und Rz 43). Im Übrigen richtet sich die Steuerfreiheit einer komplexen einheitlichen Leistung, die auch Teile umfasst, die nicht unter den Befreiungstatbestand fallen, nach den charakteristischen und dabei den dominierenden Bestandteilen (EuGH-Urteil Město Žamberk vom 21.02.2013 ‑ C‑18/12, EU:C:2013:95, Rz 29 und Rz 33).

(3) Im Streitfall kann für gleichwertige Leistungsbestandteile im Rahmen eines untrennbaren wirtschaftlichen Vorgangs, dessen Aufspaltung wirklichkeits­fremd wäre, sprechen, dass eine zwingend stationär zu erbringende Heilbe­handlungsleistung in Bezug auf die damit im Zusammenhang stehende Kran­kenhausunterbringung durch zwei Leistungselemente geprägt wird und der Unterbringung dabei eine eigenständige und nicht nur der Heilbehandlung die­nende Funktion zukommt. Liegt aufgrund eines derartigen Vorgangs nur eine Leistung vor, wäre diese dann insgesamt steuerpflichtig.

c) Sollten demgegenüber mehrere selbständige Leistungen gegeben sein, bei denen es sich zum einen um eine Heilbehandlung und zum anderen um eine Krankenhausbehandlung handelt, wäre nur die zuerst genannte Leistung nach den bisherigen Feststellungen des FG gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steu­erfrei. In Bezug auf eine eigenständige Krankenhausbehandlungsleistung hätte das FG insbesondere noch die unternehmerbezogenen Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG zu prüfen.

d) Im Übrigen hat das FG zutreffend dahinstehen lassen, ob das FA einen Ver­böserungshinweis erteilt hat, da die Klägerin materiell-rechtliche Einwendun­gen nicht nur gegen die Verböserung, sondern auch gegen die ursprünglich angefochtene Festsetzung erhoben hat. Wenn nach dem Prozessbegehren des Steuerpflichtigen eine Zurücknahme des Rechtsmittels nicht in Betracht kommt, er vielmehr vor dem FG materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung erhebt und die Herabsetzung der Steuer beantragt, hat das FG diesen Verfahrensfehler des FA nicht zu beachten, sondern über den wei­tergehenden Klageantrag zu entscheiden (BFH-Urteil vom 31.01.2024 ‑ V R 24/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2024, 742, Rz 26).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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