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BFH: Freie Verwendungsentscheidung eines Investmentfonds vor der Einführung von § 3a des Investmentsteuergesetzes 2004 (InvStG 2004)

Ausschüttbare Erträge eines Investmentvermögens aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten, die nach dem Ausschüttungs­beschluss für eine Ausschüttung nicht verwendet werden, können vor Einfüh­rung von § 3a InvStG 2004 i.d.F. des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes nicht zur Vermeidung einer Substanzausschüttung als ausgeschüttete oder aus­schüttungsgleiche Erträge behandelt werden (entgegen Schreiben des Bundes­ministeriums der Finanzen vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931 = SIS 09 27 27, Rz 16).

InvStG 2004 § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3a, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b, § 12, § 15 Abs. 1 Satz 3
AO § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1 und 5, § 60 Abs. 3

BFH-Urteil vom 23.5.2023, VIII R 3/19 (veröffentlicht am 17.8.2023)

Vorinstanz: Hessisches FG vom 11.12.2018, 4 K 867/18 = SIS 19 05 01

I. Die Beteiligten streiten über die Höhe der gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b des Investmentsteuergesetzes 2004 in der für das Streitjahr 2007 anzuwendenden Fassung (InvStG 2004) gesondert und einheitlich festzustellenden ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr ein inländisches Spezialsondervermögen und steuerbefreites Zweckvermögen (§ 11 Satz 1 und 2 InvStG 2004). Gesetzliche Vertreterin des Klägers war die X GmbH, zuvor die Z Investmentgesellschaft mbH. Einzige Anlegerin des Klägers war die D. Der Kläger hielt als Dachfonds auch Anteile an anderen Investmentvermögen. Das dem Streitfall zugrunde liegende Geschäftsjahr des Klägers lief vom 01.12.2006 bis zum 30.11.2007.

Die investmentrechtliche Rechnungslegung für das zum 30.11. des Streitjah­res endende Geschäftsjahr ergab einen investmentrechtlichen ordentlichen Nettoertrag in Höhe von 10.075.811,11 €. Am 28.12. des Streitjahres wurde unter teilweiser Verwendung auch des Gewinnvortrags eine Barausschüttung in Höhe von 10.094.524,73 € an die D beschlossen. Für die Ausschüttung wurden nach dem Ausschüttungsbeschluss die ordentlichen Erträge des lau­fenden Geschäftsjahres bestehend aus Zinsen und sonstigen Erträgen in Höhe von 8.887.201,36 €, dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Dividenden in Höhe von 1.161.152,54 € und ein Betrag in Höhe von 46.170,83 € verwendet, der zu den ausschüttungsgleichen Erträgen des Vorjahres gehört hatte. Aus­schüttungen aus der Substanz (Kapitalrückzahlungen) wurden nicht beschlos­sen.

Der Kläger erstellte zur Ermittlung der investmentsteuerlichen ausgeschütte­ten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 eine Überleitungsrechnung. In diese bezog er die nach dem Ausschüttungsbeschluss verwendeten Erträge aus Zinsen und sonstigen Erträgen, Dividenden nach dem Halbeinkünfteverfahren und die im Vorjahr als ausschüttungsgleiche Erträge behandelten Erträge sowie thesaurierte aus­schüttungsgleiche Erträge aus den Zielfonds ein. Die ausschüttungsgleichen thesaurierten Erträge aus den Zielfonds (1.689.843,90 €) und die sonstigen Erträge verrechnete er gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004 in Höhe von 3.065.551,50 € mit negativen Zwischengewinnen im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 3 InvStG 2004 aus dem Erwerb der Investmentanteile an den Zielfonds. Die negativen Zwischengewinne waren in der investmentrechtlichen Ertrags­ermittlung als Anschaffungskosten des Klägers nicht ertragsmindernd abge­zogen worden. Der Kläger berücksichtigte ferner in der Überleitungsrechnung die gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 InvStG 2004 nicht abzugsfähigen Werbungskosten (34.779,94 € + 11.487,21 € = 46.267,15 €) und ausländische Quellensteuer­beträge (125.875,17 €) als ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge. Die ihm erstattete ausländische Quellensteuer (21.892,02 €) wurde nicht ertragsmindernd abgezogen.

Danach ergaben sich aus Sicht des Klägers gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 festzustellende ausgeschüttete und ausschüttungsglei­che Erträge für das Streitjahr in Höhe von 8.890.959,45 €, die er in der Fest­stellungserklärung für das Streitjahr entsprechend angab. Daneben erklärte der Kläger unter anderem die Höhe der Ausschüttung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a InvStG 2004) mit 10.220.399,90 €. Dieser Betrag setzte sich aus der Barausschüttung und den gezahlten Kapital‑ und Quellensteuerbeträgen zusammen (10.094.524,73 € Barausschüttungsbetrag zuzüglich 125.874,17 € für Quellensteuerbeträge). Aus Sicht des Klägers handelte es sich bei der Differenz zwischen dem Ausschüttungsbetrag und den niedrigeren ausgeschüt­teten und ausschüttungsgleichen Erträgen um eine Substanzausschüttung, die bei der D nicht ertragswirksam zu erfassen, sondern durch die Bildung eines passiven Ausgleichspostens abzubilden sei.

Nach einer Außenprüfung änderte der Beklagte und Revisionskläger (Finanz­amt ‑‑FA‑‑) gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 mittels der Erklärungsabgabe bewirkte, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Feststellung der investmentsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr. In dem geänderten Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der investmentsteuerlichen Be­steuerungsgrundlagen vom 06.09.2011 stellte das FA die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 in Höhe von 10.266.668 € fest. Hierzu stützte es sich auf die in Rz 16 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18.08.2009 (BStBl I 2009, 931) geäußerte Auffassung, nach der Substanz­ausschüttungen gegenüber der Verwendung ausschüttbarer Erträge im Sinne des Investmentsteuerrechts (Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, Auslandinvestment-Gesetz und Investmentsteuergesetz) aus dem laufenden oder einem früheren Geschäftsjahr nur nachrangig zulässig seien. Im Gewinn­vortrag des Klägers seien unter anderem thesaurierte Veräußerungsgewinne aus Renten (Wertpapierverkäufen) vorhanden. Diese Erträge seien für die Ausschüttung ebenfalls als verwendet anzusehen. Sie erhöhten die ausge­schütteten Erträge. Den anschließend erhobenen Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.

Die nachfolgende Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 seien wie in der ursprünglichen Feststellungser­klärung in Höhe von 8.890.959,45 € gesondert und einheitlich festzustellen. Die Begründung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 921 mitgeteilt.

Während des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten dahingehend Einigkeit erzielt, dass die erstatteten ausländischen Quellensteuerbeträge (21.892,02 €) entgegen der bisherigen Handhabung in der Überleitungsrechnung nicht zu den festzustellenden ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen des Streitjahres gehören. Ausgehend hiervon sind nach dem FA nunmehr ausge­schüttete und ausschüttungsgleiche Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 (einschließlich der gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 InvStG 2004 nicht abzugsfähigen Werbungskosten) in Höhe von (gerundet) 10.244.775 € (10.266.668 € ./. 21.892 €) festzustellen.

Der Mehrbetrag zwischen den aus Sicht des FA nunmehr zutreffend festzustel­lenden ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen (10.244.775,03 €) und den vom FG für zutreffend erachteten festzustellenden ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen (8.890.959,45 €) beruht ausschließlich auf der zwischen den Beteiligten weiterhin streitigen Frage, ob auch die nach dem Ausschüttungsbeschluss thesaurierten Gewinne aus Wert­papierveräußerungen entsprechend Rz 16 des BMF-Schreibens vom 18.08.2019 (BStBl I 2009, 931) als ausgeschüttete Erträge zu behandeln sind.

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung von Bundesrecht in Gestalt der Regelungen in § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3, § 1 Abs. 4 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 durch das FG geltend. Das FG habe verkannt, dass das Invest­mentsteuergesetz 2004 in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung Sub­stanzausschüttungen nur nachrangig gegenüber der Verwendung ausschüttba­rer investmentsteuerlicher Erträge zulasse. Dies folge insbesondere aus der gebotenen Gleichbehandlung des Fondsanlegers mit dem Direktanleger.

Das FA beantragt,
das Urteil des Hessischen FG vom 11.12.2018 ‑ 4 K 867/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge niedriger als in Höhe von 10.244.775,03 € gesondert und einheitlich festgestellt werden sollen.

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Der Senat kann den Streitfall unter Mitwirkung von Richter am Bundesfinanz­hof K verhandeln und entscheiden. Auf den Senatsbeschluss vom 20.09.2022 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

III. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die ausgeschütteten und ausschüt­tungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 InvStG 2004 in Höhe von 8.890.959,45 € gesondert und einheitlich festzustellen sind. Die Gewinne aus der Veräußerung von Wert­papieren sind nicht zur Vermeidung einer Substanzausschüttung in Höhe von 1.353.815 € als ausgeschüttete Erträge zu behandeln.

1. Über die Höhe der gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 festzustellenden ausgeschütteten und ausschüttungs­gleichen Erträge ist im Streitfall im Rahmen einer gesonderten und einheitli­chen Feststellung der investmentsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr zu entscheiden, obwohl der Kläger mit der D nur eine Anlegerin hat. Streitgegenstand der Revision ist ausschließlich die Feststellung zu dieser Be­steuerungsgrundlage. Der Kläger ist als gesetzlicher Prozessstandschafter der D insoweit gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 FGO klagebefugt; die D ist mangels einer eigenen Klagebefugnis gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 und 4 FGO nicht zum Verfahren notwendig beizuladen.

a) Eine gesonderte und einheitliche Feststellung (und nicht eine nur gesonder­te Feststellung) der investmentsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 (zur Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 auf das Streitjahr s. § 18 Abs. 9 InvStG 2004 i.d.F. des Jahres­steuergesetzes 2008 vom 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150) ist auch vorzu­nehmen, wenn ein Spezialinvestmentvermögen wie der Kläger nur einen Anleger hat. Streitgegenstand ist vorliegend allein die Feststellung zur Höhe der ausgeschütteten Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004, da der geänderte Feststellungsbescheid vom 06.09.2011 vom Kläger nur insoweit angefochten wurde; die weiteren Feststellungen sind bestands­kräftig. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf seine Urteile vom 30.01.2018 ‑ VIII R 20/14 (BFHE 260, 400, BStBl II 2018, 487, Rz 27 f.) und vom 30.07.2019 ‑ VIII R 22/16 (BFHE 265, 504, BStBl II 2020, 82, Rz 15) Bezug.

b) Der Kläger ist hinsichtlich der angefochtenen Feststellung zur Höhe der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 als gesetzlicher Prozessstandschafter der D gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 FGO klagebefugt (BFH-Urteil vom 30.07.2019 ‑ VIII R 22/16, BFHE 265, 504, BStBl II 2020, 82, Rz 19).

c) Die D ist nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren notwendig beizu­laden, da eine eigene Klagebefugnis der D gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 FGO für die hier streitige Feststellung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 nicht besteht. Bei der hier allein streitigen Feststellung geht es nicht um eine die D im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO persönlich angehende Frage. Eine Klagebefugnis nach dieser Vorschrift ist nicht bereits dadurch eröffnet, dass die angefochtene Feststellung wegen der Grundlagen­wirkung des Feststellungsbescheids (vgl. § 182 Abs. 1 AO) Einfluss auf die Besteuerung des Feststellungsbeteiligten hat. Es ist vielmehr erforderlich, dass die streitige Feststellung der eigenen Sphäre des Feststellungsbeteiligten zuzuordnen ist (BFH-Urteil vom 18.08.2015 ‑ I R 42/14, Rz 10). Diese Wer­tung ist im Rahmen der gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 gesondert und einheitlich zu treffenden Feststellungen der investmentsteuerlichen Besteu­erungsgrundlagen sinngemäß zu berücksichtigen. Die Feststellung zur Höhe der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 ist insoweit der Feststellung zur Höhe des gemeinschaftlich erzielten Gewinns im Rahmen einer gesonderten und einheit­lichen Feststellung der Einkünfte gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO vergleichbar, für die nur der gesetzliche Prozessstandschafter gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 FGO und nicht jeder der Mitunternehmer klagebe­fugt ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2015 ‑ I R 42/14, Rz 10). Anhaltspunkte für eine Klagebefugnis der D gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 und 4 FGO sind nicht ersichtlich.

2. Die nach dem Ausschüttungsbeschluss auf der Fondsebene thesaurierten Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren gehören nicht in Höhe von 1.353.815 € zu den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 InvStG 2004. Die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 InvStG 2004 sind entgegen der Auffassung des FA damit nicht oberhalb des Betrags von 8.890.959,45 € gesondert und einheit­lich festzustellen.

a) Ausgeschüttete Erträge im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 sind die von einem Investmentvermögen zur Ausschüttung verwendeten Kapitalerträge, Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sons­tige Erträge und Gewinne aus Veräußerungsgeschäften. § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 stellt auf die "zur Ausschüttung verwendeten" Erträge ab. Über die "Verwendung" bestimmter Beträge für die Ausschüttung ist investment­rechtlich und investmentsteuerlich gemäß § 12 InvStG 2004 durch einen vom Investmentvermögen (vertreten durch die Kapitalanlagegesellschaft) zu fassenden Ausschüttungsbeschluss zu entscheiden. Aus dieser Verknüpfung der Regelungen in § 1 Abs. 3 Satz 2 und § 12 InvStG 2004 folgt, dass zwischen den investmentrechtlich ausgeschütteten Beträgen und den investmentsteuerlich ausgeschütteten Erträgen grundsätzlich eine Identität hinsichtlich der für die Ausschüttung verwendeten Quellen (Einnahmearten) besteht (Petersen, Finanz-Rundschau, 2006, 1065, 1067 f.).

b) Nach § 12 Satz 1 InvStG 2004 kann das Investmentvermögen frei wählen, welche der ausschüttbaren Beträge ausgeschüttet und welche Beträge thesau­riert werden sollen. Es bestimmt damit auch über die in die Überleitungsrech­nung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 einzustellenden "verwendeten" Beträge. Ausdruck dieser dem Investmentvermögen in § 12 Satz 1 InvStG 2004 eingeräumten freien Verwendungsentscheidung und der von § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 für die Ertragsermittlung grundsätzlich vorausgesetzten Identität der investmentrechtlich und investmentsteuerlich für die Ausschüt­tung verwendeten Einnahmearten ist die Regelung in § 12 Satz 2 InvStG 2004. Nach dieser Vorschrift hat das Investmentvermögen für die Ertragser­mittlung konsequenterweise die für die Ausschüttung verwendeten Beträge aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten zu doku­mentieren (vgl. BTDrucks 15/1553, S. 128; Bäuml in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 12 InvStG, Rz 36, 38, 39; Baur/Tappen/Schäfer/Schinzl, § 12 InvStG, Rz 19, 32, 33, 50; Jäger/Gleisner in Haase, InvStG, 2. Aufl., § 3a Rz 3; Ramackers in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 12 InvStG Rz 6, 10; Brandis/Heuermann/Hammer, § 12 InvStG Rz 16; s.a. BMF-Schreiben vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 226).

c) Aus den vom FA geltend gemachten investmentrechtlichen Vereinbarungen und Regelungen folgt keine Beschränkung der Verwendungsentscheidung des Fonds. Selbst wenn die vertraglichen "Besonderen Anlagebedingungen" den Kläger als sogenannten "Muss-Ausschütter" zur vorrangigen Ausschüttung bestimmter Erträge verpflichten sollten, wäre aus ihnen nur eine Bindung des Klägers im Innenverhältnis zum Anleger (hier: D) abzuleiten (Bäuml in Berger/Steck/Lübbehüsen,, § 12 InvStG Rz 31; Baur/Tappen/Schäfer/Schinzl, § 12 InvStG Rz 12, 16). Die vom FA angeführte investmentrechtliche Regelung in § 44 Abs. 1 Nr. 4a des Investmentgesetzes enthält ausschließlich die Aus­sage, dass der Jahresbericht Angaben über die von der Kapitalanlagegesell­schaft "beschlossene" Verwendung der Erträge des Fonds enthalten muss, regelt jedoch keine steuerlich vorgegebene und im Rahmen des § 12 Satz 1 InvStG 2004 zu beachtende oder die Wahlfreiheit beschränkende Ausschüt­tungsreihenfolge.

d) Danach waren aufgrund des Ausschüttungsbeschlusses in die Überleitungs­rechnung zur Ermittlung der ausgeschütteten Erträge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 nach der vom Kläger beschlossenen Verwendung die in den ordentlichen investmentrechtlichen Erträgen des laufenden Geschäftsjahres enthaltenen Zinsen und sonstigen Erträge, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Dividenden und die ausschüttungsgleichen Erträge des Vorjah­res einzustellen; hinzu traten die zwischen den Beteiligten unstreitig zu be­rücksichtigenden ausschüttungsgleichen Erträge aus den Zielfonds. Die nach dem Beschluss nicht für die Ausschüttung verwendeten (thesaurierten) Ge­winne aus Wertpapierveräußerungsgeschäften waren hingegen nicht einzube­ziehen. Da ausgeschüttete Erträge nur positive Nettoerträge nach Anwendung der Regelungen zur Ertragsermittlung in § 3 Abs. 1 bis Abs. 4 InvStG 2004 aus den für die Ausschüttung verwendeten Einnahmearten im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 sein können (vgl. BFH-Urteil vom 30.07.2019 ‑ VIII R 22/16, BFHE 265, 504, BStBl II 2020, 82, Rz 25; BMF-Schreiben vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 15; Berger in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 1 InvStG Rz 267, 268, 273), wichen im Streitfall aufgrund der Verrechnung der negativen Zwischengewinne gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 3 InvStG 2004 der Aus­schüttungsbetrag und der Betrag der ausgeschütteten Erträge voneinander ab. Ausschüttungen aus dem Investmentvermögen, die den Rechtsbegriff der aus­geschütteten Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004) oder den der ausschüt­tungsgleichen Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004) nicht erfüllen, sind wie der hier streitige Differenzbetrag (1.353.815 €) Substanzausschüttungen, die bei einem betrieblichen bilanzierenden Anleger wie der D durch die Bildung eines passiven Ausgleichspostens abzubilden sind (vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2020 ‑ XI R 10/18, BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292, Rz 18, 22, m.w.N.; BMF-Schreiben vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 16a Satz 2).

e) Nach dem bereits dargelegten ‑‑und auch vom FA im Ausgangspunkt geteilten‑‑ Regelungsverständnis, dass die verwendeten ausgeschütteten Erträge im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 durch den Ausschüttungsbeschluss des Fonds bestimmt werden und damit hin­sichtlich ihrer Quellen grundsätzlich übereinstimmen, bedürfte es ‑‑wie vom FG zutreffend erkannt‑‑ einer gesetzli­chen Ausnahmeregelung, die es erlauben würde, zur Vermeidung einer Substanzausschüttung zusätzliche ‑‑thesaurierte‑‑ ausschüttbare Erträge in die Ertragsermittlung einzubeziehen. Eine solche Regelung enthielt das Investmentsteuer­gesetz 2004 im Streitjahr nicht.

aa) Das FA ist zwar der Auffassung, § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 erlaube es unmittelbar, Differenzbeträge, die nach der investment­steuerlichen Ertragsermittlung zwischen den investmentsteuerlichen ausge­schütteten Nettoerträgen und dem Ausschüttungsbetrag verbleiben, mit aus­schüttbaren (thesaurierten) Erträgen aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten "aufzufüllen" (vgl. Rz 16 und 16a des BMF-Schreibens vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931).

bb) Der Senat kann sich dieser Auslegung jedoch nicht anschließen. Für den Fall, dass sich aufgrund der Verwendungsentscheidung des Fonds in der Ertragsermittlung nach § 3 Abs. 1 bis Abs. 4 InvStG 2004 ein Differenzbetrag zwischen einem höheren Ausschüttungsbetrag und niedrigeren ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen ergibt, hat der Gesetzgeber für die im Streitjahr geltende Fassung des Investmentsteuer­gesetzes 2004 das Entstehen von Substanzausschüttungen hingenommen. Er hat solche Differenzbeträge auf der Fondsebene durch die Ausgestaltung der Regelungen in § 12 InvStG 2004 und § 3 Abs. 1 bis Abs. 4 InvStG 2004 ermöglicht und zugleich keine gesetzliche Korrekturvorschrift vorgesehen, die es zur Vermeidung von Substanzausschüttungen gestatten würde, thesau­rierte ausschüttbare Beträge als zusätzliche ausgeschüttete Erträge zu behandeln und entsprechend gesondert und einheitlich festzustellen.

aaa) Beträge aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmear­ten, die auf der Fondsebene thesauriert werden, sind nach der Grundsystema­tik des Investmentsteuergesetzes 2004 der Besteuerung beim Anleger bis zu ihrer Ausschüttung entzogen. Für thesaurierte Beträge dieser Einnahmearten soll nach der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers nicht der Realisa­tionszeitpunkt auf der Fondsebene, sondern der Moment der Ausschüttung für die Besteuerung des Anlegers maßgeblich sein; über den Zeitpunkt der Aus­schüttung an den Anleger entscheidet nach der in § 12 InvStG 2004 zum Aus­druck kommenden Entscheidung des Gesetzgebers nur die inländische Invest­mentgesellschaft (Brielmaier, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2014, 2140, 2141). Dieses dem Fondsanleger im Vergleich zum Direktanleger gewährte Thesau­rierungsprivileg hat der Gesetzgeber bewusst geschaffen. Er durchbricht es in § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004 zielgerichtet nur für bestimmte thesaurierte Beträge, indem er diese Beträge als ausschüttungsgleiche Erträge der Besteu­erung unterwirft. Für die Vermeidung einer Substanzausschüttung hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 in Kenntnis dieser Zusammen­hänge hingegen keine Regelung vorgesehen, die es ermöglicht, thesaurierte Beträge als ausgeschüttete Erträge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 zu behandeln, obwohl dies nahegelegen hätte. Aus diesem "Schweigen" des Gesetzes zieht der Senat den Schluss, dass der Gesetzgeber Substanzaus­schüttungen, die sich als Folge der Verwendungsentscheidung des Fonds aus den investmentsteuerlichen Ertragsermittlungsregelungen ergeben, für die im Streitjahr geltende Rechtslage hingenommen hat.

bbb) Soweit das FA dem entgegenhält, die nachrangige Zulässigkeit einer Sub­stanzausschüttung sei aufgrund der vom Gesetzgeber gewollten Gleichbehand­lung des Fondsanlegers mit dem Direktanleger geboten, weil Letzterer keine Substanzausschüttungen erhalten könne, greift dieses Argument angesichts des dargelegten Regelungszusammenhangs der Vorschriften in § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 12 und § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004 nicht durch.

(1) Der Fondsanleger wird durch die Regelungen in § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 InvStG 2004 aufgrund des darin anerkannten Thesaurierungsprivi­legs für bestimmte Einnahmearten vom Gesetzgeber insoweit bewusst nicht gleichgestellt, weshalb das Gleichbehandlungsgebot für den hier vorliegenden Bereich nur eingeschränkt als Auslegungsmaxime heranzuziehen ist (vgl. BFH-Ur­teil vom 03.03.2010 ‑ I R 109/08, BFHE 229, 351).

(2) Eine etwaige Ungleichbehandlung des Fondsanlegers mit dem Direktanleger ist aus Sicht des Senats zudem nur bezogen auf das Streitjahr und die Ursache der jeweiligen Substanzausschüttung zu prüfen (vgl. BFH-Urteil vom 21.04.2021 ‑ XI R 42/20, BFHE 273, 149, BStBl II 2022, 20, Rz 29). Da die Substanzausschüttung im Streitfall auf einer Verrech­nung negativer Zwischengewinne auf der Fondsebene beruht, führt deren Anerkennung zur Gleichstellung des betrieblichen Fondsanlegers (hier: der D) mit dem Direktanleger. Ein Direktanleger könnte nach der Rechtslage im Streitjahr gezahlte Stückzin­sen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes als nega­tive Einnahmen aus Kapitalvermögen mit seinen übrigen Kapitaleinkünften aus Zinsen und Dividenden verrechnen (vgl. BFH-Urteil vom 27.07.1999 ‑ VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769, unter 1. [Rz 10]).

(3) Diese steuermindernde Verrechnung negativer Einnahmen aus Stückzinsen eines Direktanlegers mit anderen Kapitalerträgen entspricht dem Abzug negativer Zwischengewinne im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 3 InvStG 2004 auf der Ebene des Fonds gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004. Der aus der Verrechnung resultierende Differenz­betrag zwischen dem Ausschüttungsbetrag und den ausgeschütteten Nettoerträgen wird zwar mitausgeschüttet, als Substanzausschüttung beim betrieblichen Anleger aber folgerichtig nicht der sofortigen Besteuerung unterworfen. Die Substanzausschüttung wird beim betrieblichen Anleger im Ausschüttungsjahr durch den Ansatz des passiven Ausgleichspostens "neutralisiert", weil sie eine Nähe zum inneren Wert des Anteils aufweist und erst im Zusammenhang mit der Er­mittlung eines Rückgabegewinns/‑verlustes ertragswirksam werden soll, wenn der passive Ausgleichsposten aufzulösen ist (vgl. zu dieser Neutralisierung und Nachversteuerung des Substanzbetrags die BFH-Urteile vom 01.07.2020 ‑ XI R 10/18, BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292, Rz 18, 20 bis 22 und vom 21.04.2021 ‑ XI R 42/20, BFHE 273, 149, BStBl II 2022, 20, Rz 26 f.). Die aufgeschobene Besteuerung der Substanzausschüttung beim betrieblichen Anleger korrespondiert mit der geminderten Bemessungsgrundlage des Direktanlegers nach der Verrechnung seiner negativen Stückzinsen mit den übrigen Kapitalerträgen.

ccc) Das vorstehende Auslegungsergebnis wird durch die Einfügung der Rege­lung in § 3a InvStG 2004 durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM‑StAnpG) vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) und die damit im Zu­sammenhang stehenden Gesetzesmaterialien bestätigt.

(1) Die gescheiterte Einfügung eines § 9a InvStG im Entwurf des Jahres­steuergesetzes 2013 sah vor, dass eine Substanzausschüttung erst nach Aus­schüttung sämtlicher auf Ebene des Investmentvermögens realisierter Erträge der Besteuerung zugrunde gelegt werden dürfe. Nach den Gesetzesmaterialien sollte diese Neuregelung § 12 InvStG 2004 ersetzen und "erstmals" eine Aus­schüttungsreihenfolge für Erträge inländischer und ausländischer Investment­vermögen normieren (BTDrucks 17/10604, S. 30 f.). Mangels einer gesetzlich bestimmten Ausschüttungsreihenfolge könne ‑‑so die Gesetzesbegründung in BTDrucks 17/10604, S. 30‑‑ die Investmentgesellschaft die Verwendung der zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Beträge "gegenwärtig frei wählen". Der geplanten, aber zunächst gescheiterten Neuregelung zur Begrenzung der Verwendungsfreiheit auf der Fondsebene sollte aus Sicht des Gesetzgebers konstitutive Wirkung für die Ermittlung der ausgeschütteten Erträge zukommen.

(2) Nach dem dann durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz eingefügten § 3a InvStG 2004 gelten Substanzbeträge für eine Ausschüttung erst nach Ausschüttung sämtlicher Erträge des laufenden und aller vorherigen Ge­schäftsjahre als verwendet. Die Regelung findet auf nach dem 23.08.2014 abfließende Ausschüttungen Anwendung (§ 22 Abs. 4 InvStG 2004 i.d.F. des AIFM‑StAnpG) und gilt im Streitjahr damit noch nicht. Im Gesetzgebungsver­fahren bekräftigte der Gesetzgeber seine Aussage, dass in § 3a InvStG 2004 "erstmals" eine gesetzliche Ausschüttungsreihenfolge zur Vermeidung von Substanzausschüttungen eingeführt werde (BTDrucks 17/12603, S. 31). Dies entspricht auch der ‑‑soweit ersichtlich‑‑ einhelligen Auffassung des Schrift­tums (vgl. Baur/Tappen/Schäfer/Schinzl, § 3a InvStG Rz 9; Elser in Beckmann/Scholtz/Volmer, § 3a InvStG, Rz 2 [Stand: Lfg 5/15‑V.15]; Bäuml in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 12 InvStG Rz 36, sowie Berger in Berger/Steck/Lübbehüsen, § 1 InvStG, Rz 270, 277; Ramackers in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 12 InvStG, Rz 6; Jäger/Gleisner in Haase, InvStG, 2. Aufl., § 3a Rz 3 bis 5; Brandis/Heuermann/Hammer [106. Aufl. 2010, Stand Mai 2010], § 12 InvStG Rz 16; Patzner/Wiese, Internationales Steuerrecht 2013, 73, 76; Elser/Stadler, Deutsches Steuerrecht 2012, 2561, 2568; Brielmaier, BB 2014, 2140, 2141 f.).

f) Eine vorrangige fiktive Verwendung ausschüttbarer Erträge der in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten lässt sich ferner nicht auf die vom FA befürwortete analoge Anwendung der Regelung in § 27 Abs. 1 Satz 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) stützen. Es fehlt an einer planwidrigen Re­gelungs‑ und Besteuerungslücke im Investmentsteuergesetz 2004, die durch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift geschlossen werden müsste.

aa) Eine für eine Analogie erforderliche, erkennbar planwidrige Regelungslücke liegt nur vor, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig und somit ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf be­stimmte Tatbestände widerspricht. Hiervon zu unterscheiden ist der sogenann­te rechtspolitische Fehler, der gegeben ist, wenn sich eine gesetzliche Rege­lung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber doch nicht ‑‑ge­messen an der dem Gesetz immanenten Teleologie‑‑ als planwidrig unvoll­ständig und ergänzungsbedürftig erweist. Die analoge Anwendung einer Vor­schrift kommt bei Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke nur in Be­tracht, wenn die für einen bestimmten Sachverhalt vorgesehene gesetzliche Regelung auf einen anderen, vom Gesetz nicht erfassten, aber nur unwesent­lich abweichenden Sachverhalt anwendbar ist. Der vom Gesetz nicht erfasste Sachverhalt muss mit dem gesetzlich geregelten Sachverhalt in den wesentli­chen, für die rechtliche Bewertung maßgebenden Aspekten übereinstimmen (vgl. BFH-Urteil vom 03.12.2019 ‑ VIII R 34/16, BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836, Rz 27, 36, m.w.N.).

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Durch die Bildung des passiven Ausgleichspostens und die damit verbundene aufgeschobene Besteuerung der Substanzausschüttung droht entgegen der Auffassung des FA kein systemwid­riger Besteuerungsausfall. Die Bildung des passiven Ausgleichspostens für eine Substanzausschüttung dient dazu (s. unter III.2.e bb bbb (3)), Vermögens­mehrungen, die den "inneren Wert" des Investmentanteils berühren, nicht als laufenden Ertrag, sondern erst im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zu besteuern. Die Bildung des bilanziellen passiven Ausgleichspostens im Aus­schüttungsjahr liegt somit gerade im Interesse des betrieblichen Anlegers. Ist der passive Ausgleichsposten in der Bilanz des Anlegers gebildet worden, ist er hinreichend dokumentiert und bis zur Anteilsveräußerung fortzuführen. Das Risiko einer im Zeitpunkt der späteren Anteilsveräußerung fehlerhaft unterblei­benden gewinnerhöhenden Auflösung des passiven Ausgleichspostens und eines damit verbundenen Besteuerungsausfalls mag daher zwar abstrakt bestehen. Es ist aber nicht in systemwidriger Weise höher als bei anderen vergleichbaren Realisationsvorgängen und zwingt nicht dazu, die in § 27 Abs. 1 Satz 3 bis 5 KStG geregelte Verwen­dungsreihenfolge auf Investmentfonds zu übertragen. Zudem ist das Entstehen einer Substanzausschüttung aufgrund der investmentsteuerlichen Ertragsermittlungsregelungen vom Gesetzgeber hingenommen worden und damit nicht systemwidrig (s. unter III.2.e bb aaa).

3. Die vorliegenden Gewinne aus Wertpapierveräußerungen sind danach nicht in Höhe von 1.353.815 € als ausgeschüttete Erträge zu behandeln. Der Betrag der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 InvStG 2004 ist wie vom FG entschieden nicht oberhalb des Betrags von 8.890.959,45 € gesondert und einheitlich festzustellen. Ob die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge in Höhe von 8.869.067 € festzustellen sein könnten, wie der Kläger mittlerweile meint, be­darf aus prozessualen Gründen keiner Entscheidung. Da der Kläger keine Revi­sion eingelegt hat, ist er an die Entscheidung des FG über seinen erstinstanz­lichen Antrag gebunden.

4. Soweit das FA der Auffassung ist, die vorstehende Auslegung der Regelun­gen in § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 führe wegen der mit der Substanzausschüttung einhergehenden aufge­schobenen Besteuerung zu einer Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes widersprech­enden Bevorzugung der Anlegerin D gegenüber einem (privaten) Direktanle­ger, handelt es sich um eine im Streitfall nicht entscheidungserhebliche Frage.

Die Feststellung zur Höhe der ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 ist erst in der Gewinnermittlung und Veranlagung der D auf der Folgebescheidsebene umzusetzen. Über die Bildung eines passiven Ausgleichspostens aufgrund einer Substanzausschüttung wird erst im Rahmen der bilanziellen Gewinnermittlung der D entschieden. Sie ist durch die Feststellung des Ausschüttungsbetrags in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a InvStG 2004 und der ausgeschütteten sowie ausschüttungsgleichen Erträge in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b InvStG 2004 im hier streitigen Feststellungsbescheid nicht bindend vorgegeben. Ob die Gewinnermittlungsgrundsätze zur Behandlung von Substanzausschüttungen aus Investmentanteilen durch die Bildung passiver Ausgleichsposten zu einer verfassungswidrigen Begünstigung des betrieblichen Fondsanlegers gegenüber dem Direktanleger führen, betrifft damit aus­schließlich die Ebene der hier nicht angefochtenen körperschaftsteuerlichen Veranlagung der D.

Die Bildung des passiven Ausgleichspostens führt im Streitfall zudem zu einer Gleichbehandlung der D mit einem Direktanleger, der Stückzinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen mit seinen übrigen Einkünften verrechnen könnte (s. unter III.2.e bb aaa (2)). Der Senat sieht auch mangels einer erkennbaren Benachteiligung eines hypothetischen Direktanlegers gegenüber der D daher keine Veranlassung, in eine weitergehende verfassungsrechtliche Prüfung einzutreten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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